Start Chemnitz Schüler nerven Carlos Kasper (SPD)
Artikel von: Sven Günther
16.09.2021

Schüler nerven Carlos Kasper (SPD)

Heute antwortet Carlos Kasper, Direktkandidat der SPD im Wahlkreis 163 (Chemnitzer Land/Erzgebirgskreis II) und auf der Landesliste auf Platz 5. Foto: SPD

Klartext, Herr Kasper

Region. Der Bundestagswahlkampf tobt. Auf allen Kanälen vertreten die Kandidaten ihre Positionen. Auch der WochenENDspiegel will wissen, wie die Politiker aus Südwestsachsen ticken. Allerdings haben wir uns kompetente Hilfe geholt! Redakteur*Innen von Schülerzeitungen aus Südwestsachsen sind DIE NERVENSÄGEN – und gehen den Kandidaten auf den Geist!
Zehn Fragen wurden mit der Redaktion des WochenENDspiegel ausgearbeitet, an die Parteien geschickt. Fragen die teilweise unbequem, provozierend, frech – ja, vielleicht sogar dreist sind. Wir sind der Meinung: Jugendliche dürfen das, müssen sich nicht an „Political Correctness“ halten. Die Reaktion? Einige Politiker fanden die Fragen wenig sachlich, unterstellend, inkorrekt. Unsere Antwort: Gut so! Ziel erreicht!
Allerdings haben wir uns entschlossen, die Namen der Redakteur*Innen vorerst nicht zu veröffentlichen, um die Jugendlichen nicht einem Shitstorm auszusetzen, der möglicherweise von einigen Anhängern losgetreten wird. Für alle, die sich beklagen möchten meine E-Mail:

Heute antwortet Carlos Kasper, Direktkandidat der SPD im Wahlkreis 163 (Chemnitzer Land/Erzgebirgskreis II) und auf der Landesliste auf Platz 5

Welche Projekte möchten Sie in Ihrem Wahlkreis unbedingt umsetzen, was tun Sie konkret für unsere Zukunft oder halten Sie nur wohlklingende Reden?

Eine wohlklingende Rede zu halten ist gar nicht so einfach, wie man vielleicht im ersten Moment denkt. Aber dennoch werde ich mich damit nicht begnügen.
Ein Projekt, was meinem Wahlkreis und der Region sehr hilft, ist der Mindestlohn von mindestens 12 Euro. Ich werde dafür kämpfen, da davon über eine halbe Million Menschen in Sachsen profitieren können. Um diesen noch effizienter zu kontrollieren, setze ich mich auch für die Weiterentwicklung des Zolls zu einer Bundesfinanzpolizei ein. Damit bekämpfen wir auch Geldwäsche und organisierte Kriminalität besser. Außerdem möchte ich, dass alle in eine gemeinsame Kranken- und Pflegeversicherung einzahlen – für ein Ende der 2-Klassenmedizin.

Weshalb ist die Politik für viele Schüler völlig uninteressant?

Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich so ist. Zudem denke ich auch nicht, dass Schülerinnen und Schüler desinteressierter sind als ältere Menschen.
Ich glaube, dass das Interesse sehr themenabhängig ist und sich Schülerinnen und Schüler von Politik nicht vertreten fühlen. Daher brauchen wir mehr Mitbestimmung von jungen Leuten, das Wahlrecht ab 16 Jahren ist da ein wichtiger Schritt. Ich möchte aber auch selbst ein Angebot sein, ich bin 2 Jahre alt, meine Schulzeit liegt noch nicht so lange zurück. Als Abgeordneter möchte ich Schulen besuchen und dort offen und ehrlich diskutieren. Es soll selbstverständlich sein, dass auch die Meinungen von Schülerinnen und Schülern wichtig sind.

Unsere Rüstungsindustrie spielt in der Champions League, die Bildung in der Kreisklasse. Warum haben Sie das zugelassen?

Ich finde die Kreisklasse ein wenig übertrieben, so schlecht ist unser Bildungssystem nicht. Als junger Mensch ohne Mandat ist es bisher schwierig gewesen, dass Bildungssystem zu verändern.
Aber: Wenn mich jemand gefragt hätte, hätte ich weniger Waffen hergestellt, gekauft und exportiert. Dafür wäre aber mehr Geld in Kitas, Schulen oder Universitäten gesteckt worden. Ich trete für ein kostenfreies Bildungssystem von der Kita bis zum Meister oder Master ein. Doch nicht nur Geld kann unser Bildungssystem reformieren. Wir brauchen Mut, um neue Wege zu gehen und Bildungserfolge nicht nur in PISA-Studien zu messen.

Bekommen Politiker zu wenig Geld? In der Wirtschaft kann das ein Vielfaches verdient werden, was auch den Schluss zulässt, das die wirklich schlauen Köpfe des Landes dort zu finden sind…

Ich bin der Meinung, dass das Gehalt keine Auskunft über die Intelligenz der Person gibt. Und Nein, ich finde nicht, dass Politiker und Politikerinnen im Bundestag oder Landtag zu wenig Geld bekommen. Die Bezahlung ist in Ordnung.

Ihre Partei hat es fertiggebracht, die Zahl Ihrer Wähler seit der Wende zu halbieren. Es ist der Niedergang der Sozialdemokratie. Wie wollen Sie den Trend umkehren?

Ich bin seit Monaten gemeinsam mit ganz vielen Unterstützerinnen und Unterstützer unterwegs und kämpfe für unser Programm und unsere Inhalte. Wir möchten klar machen, dass die Menschen hier im Wahlkreis vom Zukunftsprogramm der SPD profitieren. Wenn wir alles, was da drin steht, umsetzen können, werden ganz viele Ungerechtigkeiten beseitigt – auch jene, die wir selbst mit verursacht haben. In persönlichen Gesprächen erkläre ich immer wieder, dass wir aus der Vergangenheit gelernt haben und jetzt die Zukunft gestalten wollen – mit einem Kanzler Olaf Scholz.

Wenn Sie 100 Menschen fragen, welchen SPD-Bundespolitiker sie kennen, was glauben Sie, wie viele Namen Sie zu hören bekommen? Selbst das SPD-Programm wird ausschließliche von Kanzlerkandidat Olaf Scholz verkörpert und präsentiert. Warum kennt keiner mehr die Genossen?

Ich glaube nicht, dass das Problem der SPD ist. Wir haben starke Bundesminister wie Hubertus Heil, junge Leute wie Kevin Kühnert und auch sehr gute Ministerpräsidentinnen wie Manuela Schwesig und Malu Dreyer. Ich glaube nicht, dass wir ein Problem mit dem Personal haben.

Im Wahlprogramm von Olaf Scholz steht, dass noch in diesem Jahrzehnt in Führungspositionen genauso viele Frauen wie Männer arbeiten. Wollen Sie das staatlich anordnen und wie wird sich eine “Quoten-Chefin” fühlen, die dann fachlich kompetentere Untergebene führen soll?

Das ist eine unfaire Frage, die unterstellt, dass Frauen grundsätzlich immer inkompetenter wären, als die untergebenen Männer. Das halte ich für ausgesprochenen Unsinn.
Fakt ist: Teams, in denen Frauen UND Männer arbeiten, sind meist erfolgreicher. Und das Frauen Führungspositionen einnehmen, ist absolut richtig, denn das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit. Ganz abgesehen davon, setzte die CSU nur Männer als Minister ein, viel Qualität war da leider auch nicht dabei.
Ich halte es für sinnvoll, dass Frauen bei bestimmten Positionen bevorzugt werden, wenn sie die gleichen Voraussetzungen wie Männern haben.

Beim Kindergeld soll der Maßstab gelten: Je größer der Unterstützungsbedarf der Familie, desto höher das Kindergeld. Setzen Sie da nicht ein völlig falsches Signal?

Nein, warum? In Deutschland leben 20% der Kinder in Armut. Das müssen wir schleunigst ändern. Dabei ist, die von uns vorgeschlagene Kindergrundsicherung, ein zentraler Baustein. Dieser Vorschlag wird übrigens auch durch Gewerkschaft und anderen Sozialverbänden unterstützt.
Grundsätzlich gilt: Starke Schultern können mehr tragen – wer mehr hat, kann auch mehr zahlen. Wer weniger hat, kann mehr bekommen, vor allem bei der Kinderbetreuung. Wer jetzt hier spart, zahlt in einigen Jahren oben drauf.

Sie wollen pro Jahr 400.000 Wohnungen bauen, von denen 100.000 öffentlich gefördert werden. Woher sollen die Bauarbeiter dafür kommen, wenn doch jetzt schon der Mörtel nicht mehr angerührt wird?

Als Zöllner bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit weiß ich, wie die derzeitige Situation auf dem Arbeitsmarkt und insbesondere auf den Baustellen ist. Die Fachkräftegewinnung stellt tatsächlich ein Problem dar. Deswegen war und ist es so wichtig, dass die SPD eine Mindestausbildungsvergütung eingeführt hat, um mehr junge Menschen in Ausbildungsberufe zu holen. Wir werden außerdem das Handwerk noch stärker dabei unterstützen, mit neuen Ausbildungskonzepten dem Fachkräftemangel zu begegnen und berufliche Ausbildung praxisnah mit Schule oder Hochschule zu verknüpfen.