Start Erzgebirge Schüler nerven Monique Woiton (FDP)
Artikel von: Sven Günther
21.09.2021

Schüler nerven Monique Woiton (FDP)

Monique Woiton, Direktkandidatin der FDP im Wahlkreis 163 (Chemnitzer Land/Erzgebirge II) sowie Landeslistenplatz 14. Foto: FDP

Klartext, Frau Woiton

Region. Der Bundestagswahlkampf tobt. Auf allen Kanälen vertreten die Kandidaten ihre Positionen. Auch der WochenENDspiegel will wissen, wie die Politiker aus Südwestsachsen ticken. Allerdings haben wir uns kompetente Hilfe geholt! Redakteur*Innen von Schülerzeitungen aus Südwestsachsen sind DIE NERVENSÄGEN – und gehen den Kandidaten auf den Geist!
Zehn Fragen wurden mit der Redaktion des WochenENDspiegel ausgearbeitet, an die Parteien geschickt. Fragen die teilweise unbequem, provozierend, frech – ja, vielleicht sogar dreist sind. Wir sind der Meinung: Jugendliche dürfen das, müssen sich nicht an „Political Correctness“ halten. Die Reaktion? Einige Politiker fanden die Fragen wenig sachlich, unterstellend, inkorrekt. Unsere Antwort: Gut so! Ziel erreicht!
Allerdings haben wir uns entschlossen, die Namen der Redakteur*Innen vorerst nicht zu veröffentlichen, um die Jugendlichen nicht einem Shitstorm auszusetzen, der möglicherweise von einigen Anhängern losgetreten wird. Für alle, die sich beklagen möchten, hier meine E-Mail:

Hier antwortet Monique Woiton, Direktkandidatin der FDP im Wahlkreis 163 (Chemnitzer Land/Erzgebirge II) sowie Landeslistenplatz 14.

Welche Projekte möchten Sie in Ihrem Wahlkreis unbedingt umsetzen, was tun Sie konkret für unsere Zukunft oder halten Sie nur wohlklingende Reden?

Ich setze mich für gut ausgebaute Infrastruktur bei Gesundheitsvorsorge, Mobilität (Schiene, Straße, Radwege) und Digitalisierung ein. Bildung von Kita bis Erwachsenenbildung, aber auch vereinfachte Regelungen für Unternehmen durch „schlankere“ Vergabe-, Register- und Informationsbestimmungen gehören ebenso dazu wie Klima- und Umweltschutz.
Dazu engagiere ich mich im Ehrenamt politisch in einer Partei – der FDP. Hier bin ich Mitglied im Landesfachausschuss Gesundheit und Soziales. Beim jährlichen Waldfest der FDP Erzgebirge pflanze ich Bäume, bringe Nistkästen an. Zusammen mit den Revierförstern informieren wir interessierte Bürger zu Waldumbau und Renaturierung von Mooren und Teichen.

Weshalb ist die Politik für viele Schüler völlig uninteressant?

Vielen fehlt es an Mut sich einzubringen. Manche sind auch abgeschreckt von Streitdebatten, der Umgangston ist oftmals ziemlich rau. Vielen dauert es auch vom Vorschlag bis zum Ergebnis zu lange.
Ungenügende Unterstützung oder Anerkennung sind weitere Faktoren. Ein Beispiel ist das Wahlforum des Jugendbeirates der Stadt Limbach.-O., welches in der Presse leider sehr negativ bewertet wurde – zu lang, zu wenig Fragen für die Jugend… Das Engagement der Jugendlichen, die komplett selbst organisiert haben, wurde nicht erwähnt.
Andere wieder tragen Ideen an die Stadt- und Gemeinderäte heran und erhalten oftmals nicht mal eine Antwort oder nur den Verweis „zu teuer, geht nicht“. Das demotiviert.

Unsere Rüstungsindustrie spielt in der Champions League, die Bildung in der Kreisklasse. Warum haben Sie das zugelassen?

Ich selbst war bisher in keiner Position, in der ich dazu hätte etwas ändern können.
Die FDP hat bisher, wie keine andere Partei, das Thema Bildung aufgegriffen. Wir wollen einen Prozentpunkt des bestehenden Mehrwertsteueraufkommens zusätzlich in Bildung investieren (von Kita über Schule bis hin zu Ausbildung/Studium). Wir machen uns stark für Bildung, die sich an aktuellen Erfordernissen orientiert – zukunftsorientierte, entstaubte Lehrpläne, bundeseinheitliche Bildungsstandards und vor allem auch Erzieher und Lehrer, die selbst beste Voraussetzungen mitbringen. Wir sind überzeugt: regionale Ausbildungs- und Studiermöglichkeiten und bessere Freizeitangebote halten die Jugend in der Region.

Bekommen Politiker zu wenig Geld? In der Wirtschaft kann ein Vielfaches verdient werden, was auch den Schluss zulässt, dass die wirklich schlauen Köpfe des Landes dort zu finden sind…

Ich denke nicht, dass Politiker zu wenig Geld bekommen. Ich sehe eher ein Problem darin, dass der schlaue Kopf, auf den Sie sich beziehen, in der Wirtschaft bereits viel Zeit und Kraft investiert hat. Dies für einen Zeitraum von 4 Jahren zu unterbrechen, bedeutet enormen organisatorischen und personellen Aufwand. Selbständige müssen einen Geschäftsführer einstellen, Arbeitsabläufe umstrukturieren usw. Niemand gibt gerne SEIN Unternehmen in andere Hände. Arbeitnehmer geben u. Umständen einen Posten auf, für den sie einen harten Aufstieg hinter sich gebracht haben; laufende Projekte können oftmals nicht einfach so unterbrochen und in andere Hände abgegeben werden.

Als Abgeordneter sind Sie nur Ihrem Gewissen verpflichtet. Folgen Sie Ihrer Partei auch dann, wenn Sie anderer Meinung sind?

Demokratie bedeutet für mich, nach Lösungen zu suchen, die so viele Menschen wie möglich einbeziehen. Deshalb kann es auch vorkommen, dass ich für Dinge stimme, für die ich selbst andere Ansätze hätte.
Wenn ich von einer Sache aber gar nicht überzeugt bin oder diese gegen meine eigenen Prinzipien verstößt, werde ich auch gegen meine Partei stimmen.

Sie fordern eine Rückkehr zur Marktwirtschaft, eine Entflechtung von Markt- und Staatswirtschaft. Wie wollen Sie das schaffen? Heute wird doch nur noch investiert, wenn Fördermittel fließen. Tesla baut in Deutschland, weil das US-Unternehmen einem Milliardenbetrag an Steuermitteln bekommt…

Es stellt eine Verallgemeinerung dar, wenn Sie sagen „nur noch investiert…“. Damit tun Sie all den Menschen unrecht, die tagtäglich Unternehmen gründen und Risiken auf sich nehmen. Die neue Tierarztpraxis, der Laden um die Ecke, aber auch innovative Startups…
Ja, wir sollten uns überlegen, inwieweit Förderungen den Wettbewerb verzerren und ggf. behindern. Allerdings sind Förderungen eben auch ein Mittel Technologien zu unterstützen, deren Einführung ohne Anschubfinanzierung eher nicht oder nur sehr schleppend vorankäme, bspw. eben Elektromobilität oder Solartechnik.

Die FDP könnte das Zünglein an der Waage werden. Springen Sie mit jedem ins Bett, wenn es darum geht, in die Regierung zu kommen?

Dass wir Freien Demokraten eben nicht mit jedem ins Bett springen, haben wir vor 4 Jahren bereits bewiesen. Damals war es so, dass wir unsere eigenen Werte und Vorstellungen hätten massiv verleugnen müssen.
Keine Partei wird nach dem 26.9. so stark sein, dass sie allein regieren kann.
Wir sind eine selbständige Partei mit eigenem Wahlprogramm und gehen ins Gespräch mit allen Parteien, die unsere demokratischen und liberalen Ziele unterstützen. Letztendlich geht es darum gemeinsam für ein Deutschland einzutreten, dass seinen Bürgern ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Politik soll dabei nur den Rahmen aus allgemeinverbindlichen Regeln schaffen, ohne dabei einzuengen oder zu verbieten!

Sie fordern zentrale Abschlussprüfungen und digitale Schulen? Möchten Sie den Bildungs-Föderalismus abschaffen?

Nicht abschaffen, aber umfassend reformieren. So fordern wir bspw. bundesweite Abschlussprüfungen für die Mittlere Reife und das Abitur und qualitativ hochwertige Bildungsstandards. Deutschland braucht mehr Qualitätssicherung und neue Ideen durch Vergleichbarkeit in der Bildung.
Diese Reform funktioniert aber nur über eine Grundgesetzänderung, damit Bund und Länder zusammen für die Sicherstellung der Qualität, die Leistungsfähigkeit und die Weiterentwicklung des Bildungswesens wirken können.
Wir wollen zukunftssichere Schulen, in denen die besten Arbeitsmöglichkeiten fürs Lehren und Lernen zur Verfügung stehen.

Wie alle anderen Parteien auch fordert die FDP den Abbau der Bürokratie. Eine Forderung, die es seit Jahren und Jahrzehnten gibt. Bislang ist noch jeder an den Mühlen der Bürokratie gescheitert, jeder Reformversuch verursachte noch mehr Bürokratie. Warum sollte es Ihnen dieses Unterfangen jetzt plötzlich gelingen?

Da sich alle Parteien (zumindest in ihren Wahlprogrammen) für weniger Bürokratie aussprechen, lässt mich dies tatsächlich hoffen. Unsere Vorschläge dazu:: Behördengänge digital gestalten, staatliche Förderleistungen einfacher zugänglich machen und verschiedene Angebote zusammenfassen (Bsp. liberales Kinderchancengeld: Kindergeld, Kindergeldzuschlag, Wohngeld usw. in einer Leistung vereinen), Aufzeichnungspflichten für bestimmte Branchen (Gastronomie, Pflege…) praxisnah gestalten und von Überflüssigem bereinigen oder aber auch für jede neue gesetzliche Regelung in einem Ressort zwei alte Regelungen im gleichen Umfang streichen.

Noch so ein Punkt: Wie alle Parteien rufen Sie nach einem hochleistungsfähigem Digitalnetz. Wie alle anderen auch, verraten Sie aber nicht, WIE Sie das schaffen wollen. Oder haben wir etwas überlesen?

Wir fordern bereits seit 2017 ein separates Digitalministerium und haben dazu entsprechende Anträge im Bundestag eingebracht (Vgl. bspw. Bundestagsdrucksache 19/9929 und Drucksache 19/25019). In diesem wollen wir zum einen die Netzinfrastruktur mit einem guten Projektmanagement besser koordinieren und verwalten. Weiterhin wollen wir die Allgemeinen Verwaltung durch eine Deutschland-App, in der „Behördengänge“ unkompliziert abgewickelt werden können, modernisieren. Planungs- und Genehmigungsverfahren (wie bspw. auch beim Straßen- und Schienenbau) müssen vereinfacht und beschleunigt werden und die Bürgerbeteiligung zu einem viel früheren Zeitpunkt einsetzen.