Start Zwickau Regionale Produkte: Schwein gehabt
Artikel von: Redaktion
27.08.2015

Regionale Produkte: Schwein gehabt

Das Schwein vom Bauernhof Kunz in Härtensdorf landet irgendwann auf dem Tisch. Doch ein ganz wichtiger Unterschied zwischen vielen anderen seiner Artgenossen besteht: In seinem Leben fühlt sich das Tier sau wohl, da es genügend Auslauf auf der Wiese. Foto: S. Korb

 

Landkreis Zwickau. Wer regionale Produkte kauft, hat Schwein. Davon ist zumindest Fleischermeister Andreas Heyer überzeugt. Seit 2000 hat sich der Werdauer auf regionale Produkte spezialisiert. Er kauft Schlachttiere von Höfen aus der Region. Er weiß, wie die Tiere leben, nämlich im Freien. Was heute geschlachtet wird, ist am nächsten Tag bereits zum Verkauf. Es kommt natürlich dabei auf die Fleischsorte und den nötigen Reifeprozess an. Ein Rumpsteak braucht etwa drei Monate. Geschlachtet wird im Schlachthof Crimmitschau. „Durch die ‚eigene‘ Schlachtung kann man auf sämtliche Zusätze verzichten“, sagt Heyer. „Und je mehr die Lebensmittelzubereitung auf verschiedene, kleine Betriebe aufgeteilt ist, desto besser sind diese auch, weil sie kontrollierbarer sind. Letztenendes ist das auch für unser aller Einkommen ideal.“

Großbetriebe bestimmen zudem die Preise. Weiterhin drücken Sanktionen die Preise für Schweinefleisch. Es ist einfach zu viel übrig. So traurig, wie das klingt. Das Fleisch gibt es dann im Top-Angebot. Mit welchen Zusätzen ein Tier „von der Stange“ versehen ist, wissen die Kunden oft nicht. Wer im Laufe der Zeit Unverträglichkeiten zeigt, kann einmal darüber nachdenken, ob es nicht von der Ernährung kommt.

Je kleiner und regionaler die Betriebe sind, desto besser können Lebensmittel kontrolliert werden

Doch nicht nur Heyer setzt auf Regionalität: Es ist 21 Uhr. Die Zutaten für die Brötchen und Co. werden von den Bäckerhandwerkern in der Mühlenbäckerei Clauß in Mülsen abgewogen, zusammengerührt und geknetet. Schließlich haben die fleißigen Frühaufsteher in der Bevölkerung am nächsten Morgen wieder Hunger.

Ab um vier Uhr werden unter anderem die geformten Brötchenteige an die 18 Filialen der Clauß-Bäckerei ausgefahren. Was bis dahin passiert ist, ist ein entscheidender Prozess, über den jeder Verbraucher einmal nachdenken sollte. Denn alle Zutaten wurden genau vom Chef persönlich überprüft. „Und ich achte darauf, dass die Zutaten möglichst aus der Region kommen“, erklärt Bäcker-Meister Roman Clauß.          

Getreide von Mülsener Feldern

Die Ernte ist für dieses Jahr weitestgehend eingefahren. Um die gewünschte Brötchenqualität zu erhalten, bedient sich Roman Clauß nicht nur an einer Getreidesorte. „Für Weizenmehl beispielsweise, werden immer mehrere Sorten verwendet. In diesem Jahr werden es bis zu acht Sorten sein, um die gewünschte Qualität zu erreichen“, so Clauß. 80 Prozent seiner Sorten bezieht er von Mülsener Feldern. „Damit unterstütze ich die Region und ich weiß, wie, wo und wer das Getreide angebaut hat. Und das bin ich auch den Kunden schuldig.“

Genau hier sieht Clauß den springenden Punkt. Vor allem die Tatsache, dass es nun mittlerweile nicht mal eine Hand voll an Bäckerklassen in der Ausbildung gibt, sollte man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. „Und die Tatsache wird uns einmal auf die Füße fallen“, so Roman Clauß. So bieten Discounter ein immer vielfältigeres Spektrum an „täglich frisch Gebackenem“. „Dabei wissen die Kunden nicht, dass zwar täglich frisch gebacken wird, aber dass das, was vor ihnen liegt, eben vor ca. fünf Tagen hergestellt wurde“, weiß Clauß. Um die Produkte haltbarer zu machen, wird nachgeholfen. Selbst bei einer Lagerung von minus 18 Grad Celsius herrscht kein hundertprozentiger Stillstand.

„Das geht nur mit Enzymen und die werden künstlich hergestellt und stammen nicht vom Getreide. Diese wiederum müssen nicht deklariert werden, da sie sich beim backen verändern.“

Manche Enzyme sind wichtig und kommen auch im Getreide vor. Sie entwickeln mehr Geschmack, sorgen für die Kältefähigkeit und damit für das langsamere Entquellen der Stärke. Diese bindet nämlich das Wasser im Teig, was wiederum dafür sorgt, dass die Brötchen nicht vertrocknen und schnell „altbacken“ werden.

Geschmack ist entscheidend

Ob Brötchen und Co. letzten Endes im Einkauf auch billiger sind, sei oftmals dahingestellt. „Man muss bedenken, dass die Lohnkosten in Industriebäckereien zwischen zwei und acht Prozent liegen. Bei einer Handwerks-Bäckerei bewegen diese sich um die 50 Prozent. Der Rest bei uns ist für Material und Nebenkosten einkalkuliert. Wenn wir in der Region kaufen, wissen wir nicht nur, was drin ist, sondern sparen auch unnötige Transportwege und stärken vor allem die Wirtschaft vor Ort. Industriebäckereien sparen allerdings aufgrund der wesentlich größeren Menge zusätzlich.“

Jeder Backwarenkunde, der sich gesund ernähren möchte, muss sich nicht fragen: „Ob es schmeckt?“, sondern „Wie ist der Geschmack entstanden?“