FRASSGUSCH Drebach: Wo Tante Emma auf Nachhaltigkeit trifft

FRASSGUSCH Drebach: Wo Tante Emma auf Nachhaltigkeit trifft

Linda Heinze erfüllt sich mit ihrer „Frassgusch“ einen ganz persönlichen Traum vom eigenen kleinen Unverpackt-Laden mit regionalen Lebensmitteln.

Fast schon am Ortsausgang des Erzgebirgsortes Drebach überrascht ein Schriftzug an einem kleinen, flachen Holzhaus: „Frassgusch“ steht dort und „Gutes vom Land“.

Die liebevolle Außendekoration und der Hinweis auf frisches Rindfleisch, direkt aus dem Dorf, lässt einen stoppen.

Drinnen offenbart sich eine Fülle an ausgewählten Lebensmitteln von Obst, Gemüse, Eiern, Milchprodukten bis hin zu Delikatessen auf kleinem Raum – und pure Gemütlichkeit.

Hinter der Kasse steht die Chefin selbst, Linda Heinze. Mutter von zwei kleinen Töchtern, studierte Tourismuswirtschaftlerin und so wie auch ihr Mann mit Leib und Seele immer im Erzgebirge geblieben.

Vor zwei Jahren hat sich mit ihrem eigenen kleinen Laden einen ganz persönlichen Traum erfüllt. Dinkelmehl, Rübenzucker, Sesam, rote Linsen … steht auf den vielen großen Blechdosen im Regal hinter der Kasse. Die Kunden reichen Linda ihre leeren Gefäße über den Tisch. „Unverpackt-Laden“ heißt das in der Großstadt und ist dort voll im Trend. Hier finden es die Kunden einfach gut, ganz nach Bedarf ihre leeren Gläser und Dosen mit genau der Menge an Zutaten aufzufüllen, die sie für die nächsten Tage zum Kochen benötigen. So viel kaufen, wie man verzehrt, einfach bewusst konsumieren ist eine Idee hinter der „Frassgusch“. Sich mehr auf Regionalität zu besinnen und Inhaltsstoffe von Lebensmitteln zu hinterfragen aber die eigentliche.

„Ich habe viele prägende Kindheitserinnerungen an meine Zeit in Opas Obst- und Gemüsegarten. Später haben mein Mann und ich auch selbst Gemüse angebaut“, erzählt die 33-jährige. Dann, mit den Geburten der Töchter, kam das große Umdenken, die Suche nach Lösungen, weil plötzlich Unverträglichkeiten bei beiden im Raum standen. „Und ein zweiter Gedanke ließ mich nicht los: endlich etwas Eigenes aufzubauen, aber etwas Sinnhaftes, das mich komplett erfüllt.“ Bis dahin waren Marketing, Qualitätsmanagement und Assistenten der Geschäftsleitung Schlagworte ihrer beruflichen Karriere. Es sind Erfahrungen, auf die sie heute ihr „Chefinnensein“ bauen kann.

Vergleichbar mit dem gesunden Wachsen einer Pflanze, formte sich die Idee langsam, Stück für Stück. „Auch das ist Nachhaltigkeit. Dinge zu durchdenken und nicht gleich kopflos loszumachen“, betont Linda und fügt hinzu: „Manchmal kommt im Leben eins zum anderen, Dinge bedingen sich und heute ist mein Geschäft viel schöner als ich mir das je vorgestellt habe.“ Auf nur 40 Quadratmeter Fläche möchte Linda das Sortiment eines ganzen Wocheneinkaufs abbilden. Schwierig, aber gemütlich nennt sie das. Achtsam nennen das möglicherweise die Kunden. Denn ganz automatisch bewegt man sich langsamer und bewusster, um all die wunderbaren Etiketten zu lesen und nicht aus Versehen eine der wertvollen Pflanzenöle, Saft- oder Obstbrandflaschen aus dem Regal zu reißen.

Demnächst wird noch angebaut, um dem Netzwerk an regionalen Herstellern mehr Platz zu geben.

Nichts geht hier schnell– nicht das Kramen in den Regalen, nicht das Kassieren an der Theke und schon gar nicht der Plausch mit Linda, für den sie sich immer Zeit nimmt. Es ist wie in einem guten alten Tante-Emma-Laden, in dem sich gleich mehrere Generationen treffen. Und so hat das Anstehen bis man an der Reihe ist einen Hauch von Kaffeeklatsch, bei dem es um Rezepte und neue Produkte geht. „Hier im Laden entwickeln sich die besten Ideen. Kunden bringen mich auf neue Dinge, äußern Wünsche zu Produkten, haben Vorstellungen, wie man den Laden weiter entwickeln kann“, so Linda. Und so ist die „Frassgusch“ inzwischen viel mehr als nur ein kleiner Laden. „Demnächst wird noch angebaut, um dem Netzwerk an regionalen Herstellern mehr Platz zu geben, damit sie sich auch gegenseitig kennenlernen können“, mehr verrät Linda noch nicht. Und: Linda sucht aktuell neue „Frassguschn“ als Mitarbeiter, die ihr Team verstärken.

Den Kunden Chancen zum Mitgestalten geben, regionalen Lieferanten eine Plattform bieten, Plastikmüll reduzieren und Lebensmittel unverpackt anbieten – in dem kleinen Laden steckt Idealismus und Leidenschaft. „Aber man darf nicht verklärt sein, es gibt nicht alles im Umkreis von 50 km und man kann die zumeist kleinen Lieferanten auch nicht überfordern“, so Linda Heinze. Kommen die Produkte von etwas weiter her, achtet sie genau darauf, wie hergestellt wird. Ein Zeichen möchte sie setzen, beweisen, dass vieles auf dem Land möglich ist und auch hier mit wachsendem Kundenkreis funktioniert. Vieles, was sonst in der Enge der Urbanität gesucht wird, dort wo Alltag aber auch anonymer abläuft. Zahlreiche Gespräche überzeugen sie, dass es im Erzgebirge, die sie trotz großer Reiselust mit dem Camper durch Europa nie verlassen.