Von wegen Schnapsidee

Von wegen Schnapsidee

„Wenn man es hier schafft, schafft man es überall!“

Wenn es nach Felix Adler geht, hat Eierlikör kein Imageproblem. Rentner und so. An ihm liegt es zumindest nicht, denn seine Eierlikörz-Manufaktur mit Sitz am Chemnitzer Brühl kommt so gar nicht altbacken daher. In bauchigen Flaschen in farbenfrohen, coolen Designs warten seine nach traditionellem DDR-Rezept hergestellten Likör-Kreationen verheißungsvoll auf Verkostung. Wir haben mit dem 35-jährigen „Herrn über die Liköre“ über seine Leidenschaft gesprochen und auch darüber, warum sich die gelb-goldene Spirituose nach wie vor so großer Beliebtheit bei Jung und Alt erfreut.

Wie kamst Du eigentlich auf die „Schnapsidee“, Dich mit einer Eierlikörmanufaktur selbstständig zu machen?

Felix Adler: „Schnapsidee“ trifft es wirklich. Eine Geschäftsidee war es nämlich ursprünglich nie. Im Gegenteil. 2012 war ich privat bei einer Silvesterfeier eingeladen. Jeder sollte etwas mitbringen, und ich entschied mich dafür, alle vorhandenen Schnapsreste zu Eierlikör zu verkochen. Dabei entstanden verrückte Kreationen, unter anderem auch eine mit dem französischen Wodka, der heute die Basis für Eierlikörz bildet. Die kam so gut an, dass ich gefragt wurde, ob ich nicht auch unterhalb des Jahres mal Eierlikör für Freunde und die Familie herstellen könne. Dann kam aus Jux ein Facebook-Auftritt dazu, und irgendwann hatte sich die Sache herumgesprochen, und die Chemnitzer Gastronomie fragte an.

Es gibt sogar eine deutsche Meisterschaft des Eierlikörs, an der Du teilgenommen hast. Erzähl mal!

Felix Adler: Richtig, das war im Jahr 2014 in Oberwiesenthal. Mein Long Drink mit Eierlikör hat die Jury offenbar überzeugt – ich habe den 1. Platz belegt.

Von der Leidenschaft für Eierlikör bis zur eigenen Unternehmensgründung ist es dann ja doch noch ein großer Schritt. Wie kam es schließlich dazu?

Felix Adler: Ich habe lange im Marketing eines Werkzeugmaschinenbauers gearbeitet, bekanntlich eine ja eher konservative Branche. Mein Job bot nicht besonders viel Platz für kreative Entfaltung. Da kam das Eierlikörz-Projekt genau richtig. Als es dann ernst wurde mit den Anfragen aus der Gastronomie, musste ich meine Produktion am heimischen Herd überdenken. 700 Flaschen in einem Fünf-Liter-Topf herzustellen – so ging es nicht weiter. 2017 habe ich dann ein Gewerbe angemeldet und losgelegt.

Warum ist Eierlikör Deiner Meinung nach Kult?

Felix Adler: Eierlikör ist für viele Menschen ein emotionales Thema. Bei mir war das genauso. Ich bekam als Kind immer den Waffelbecher von Oma, nachdem sie den Eierlikör ausgetrunken hatte.

Wie viele Flaschen verkauft Ihr im Monat? Welche Geschmacksrichtungen sind im Sortiment?

Felix Adler: Das ist saisonal sehr unterschiedlich. Im Sommer recht wenig, an Weihnachten und Ostern sehr viel. Im Schnitt produzieren wir 1.000 Liter im Monat in fünf verschiedenen Geschmacksrichtungen: klassisch, Haselnuss, Kaffee, Kokos und Salzkaramell.

Was ist das Geheimnis Deines Eierlikörs? Setzt Du auf eine bestimmte Zutat?

Felix Adler: Das kann ich nicht verraten. Was ich aber sagen kann: Wir verwenden einen fünffach destillierten französischen Wodka als alkoholische Basis. Der wird aus Trauben gewonnen und bringt eine ganz eigene Note mit.

Was waren für Dich persönlich wie auch unternehmerisch die größten Herausforderungen die Anfangsjahre?

Felix Adler: Die Ahnungslosigkeit. Ich kam ja aus einer ganz anderen Branche und bin da mehr oder weniger reingerutscht. Und auch die gewählte Strategie, aus eigener Kraft heraus wachsen zu wollen und kleine Schritte zu gehen, hat letztendlich sehr viel Zeit und Kraft gekostet. Wir sind in den letzten fünf Jahren dreimal umgezogen und sind eigentlich auch jetzt schon wieder auf der Suche nach neuen Räumlichkeiten.

Du bist gebürtiger Chemnitzer. Lebst und arbeitest Du gern in Sachsen, und wenn ja, warum?

Felix Adler: Nicht ganz. Mir geht’s da wie dem Songtitel der berühmtesten Band der Stadt. Ich komme aus Karl-Marx-Stadt. Für mich war es nach dem Studium keine Option, nur wegen des Jobs wegzugehen, auch wenn es die Überlegungen zwischenzeitlich mal gab. Ich lebe aber viel zu gern hier. Im Winter bin ich in 45 Minuten auf dem Berg zum Skifahren und im Sommer in 45 Minuten im Neuseenland.

Konntest Du als Start-up hier von einem besonderen Umfeld profitieren?

Felix Adler: Auf jeden Fall! Chemnitz bietet generell noch sehr viel Potenzial und Gestaltungsspielraum. Auch wenn es an vielen Ecken noch ein bisschen unfertig ist, hat es doch seinen ganz eigenen versteckten Charme. Den muss man zugegebenermaßen aber ein bisschen suchen. Auch die Mietpreise sind noch recht passabel, was natürlich für die Unternehmungsgründung super Bedingungen sind. Allerdings muss man auch sagen, dass man im Vergleich zu anderen Städten hier ein paar Meter hinter dem Startpunkt losläuft. Es war schon sehr viel Überzeugungsarbeit nötig, den Leuten zu erklären, dass hochwertige Erzeugnisse nicht zu Discountpreisen zu haben sind. Ich vergleiche Chemnitz dahingehend gern mit New York. Wenn man es hier schafft, schafft man es wahrscheinlich überall.