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Artikel von: Redaktion
27.03.2019

Stimmen zur Absage Chemnitzer Stadtfest

Letztes Jahr wurde bis zum Abbruch am Sonntag noch ein buntes Fest gefeiert – aber die Ereignisse vom August 2018 überschatten nach wie vor die Marke Stadtfest. Foto: Cindy Haase/Archiv

Alexander Dierks, CDU-Landtagsabgeordneter
„Die Absage des Chemnitzer Stadtfestes 2019 halte ich für ein völlig falsches Signal. Es wäre viel besser, wenn sich Stadt und Veranstalter ein neues Konzept überlegen würden. Zeit dafür ist noch.  Es ausfallen zu lassen vergibt uns die Chance zu zeigen, dass wir uns von Rechtsradikalen und Straftätern nicht unsere Art zu leben diktieren lassen.“

Jörg Vieweg, SPD-Landtagsabgeordneter

“Die Absage des Chemnitzer Stadtfests sollte nicht nur vor dem Hintergrund der Vorfälle im letzten Jahr bewertet werden. Als ehemaliger Leiter von Veranstaltungszentren war ich selbst Stadtfestakteur und kenne daher die langjährigen Versuche zur Neuausrichtung der Veranstaltung. Ich habe über Jahre mit neuen Ideen, wie der Clubbühne und der Talentarena, versucht dem Buden- und Rummelzauber etwas Sinn zu stiften. In der Rückschau ist das leider nur mäßig gelungen. Das herumdoktern macht darum jetzt keinen Sinn mehr. Gerade aus dieser Perspektive finde ich die Absage jetzt konsequent und freue mich auf neue Veranstaltungsideen und Formate. Parksommer, Hutfestival und andere Beispiele haben im letzten Jahr gezeigt, wie ausgelassen, kreativ und friedlich die Chemnitzerinnen und Chemnitzer feiern können. Davon wünsche ich mir mehr.”

Petra Zais, BÜNDNIS80/DIE GRÜNE-Landtagsabgeordnete
„Ich finde die Absage des Stadtfestes richtig. Auch weil die Gefahr besteht, dass es für Aktionen rechtsextremer Gruppen missbraucht wird.” Der Ruf des Chemnitzer Stadtfestes ist für mich dauerhaft beschädigt. Auch weil die Gefahr besteht, dass es in diesem Jahr für Aktionen rechtsextremer Gruppen missbraucht wird, finde ich die Absage richtig. Für mich war der Parksommer 2018 die schönste Veranstaltung, davon für Chemnitz in diesem Jahr gern mehr!”

Hanka Kliese, SPD-Landtagsabgeordnete
„Das Stadtfest hat sich in den letzten Jahren qualitativ positiv entwickelt. Die Ereignisse des letzten Sommers überschatten das. Ich kann die Absage nachvollziehen. Das wirtschaftliche Risiko für Händler war hoch. Chemnitz und das Umland haben ein vielfältiges kulturelles Angebot, sodass sich Alternativen finden sollten.“

Ines Saborowski, CDU-Landtagsabgeordnete
„Ich halte die Entscheidung, das Stadtfest abzusagen, für das völlig falsche Signal. Inhaltliche Veränderungen hätte ich für gut befunden, eine schlichte Absage ist feige und gleicht einer Kapitulation vor Gewalt in jeder Form. Wir haben es doch nicht nötig uns weg zu ducken, sondern müssen zeigen, dass Chemnitz eine tolle Stadt ist und sich nicht unterkriegen lässt. Nun ist die Enttäuschung groß.“

Susanne Schaper, Vorsitzende Fraktion Die Linke im Chemnitzer Stadtrat
„Die Absage des Chemnitzer Stadtfestes kam für mich überraschend. Ich finde es schade, dass mit der Absage des diesjährigen Stadtfestes nun der Eindruck entsteht, man knicke vor rechtsradikalen Machtdemonstrationen oder anderen Eskalationen ein. Dass es neben dem Stadtfest auch weitere tolle Angebote für Chemnitzerinnen und Chemnitzer seitens der städtischen Veranstaltungsagenturen und der freien Kulturszene gibt, ist mir bewusst. Dennoch hätte ich mich gefreut, man hätte im Rahmen des Stadtfestes eine neue Ausrichtung probiert und so gezeigt, dass wir eskalierenden Truppenteilen keinen Raum gewähren. Ein Fest mit familiären, integrativen und austauschenden Charakter, welches unter Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger geplant wird, hätte Chemnitz gerade mit Blick auf die Kulturhauptstadtbewerbung sehr gut getan.”

Volkmar Zschocke, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsabgeordneter

“Ich habe keine Sorge, dass die Lücke schnell gefüllt sein wird. Die Chemnitzerinnen und Chemnitzer sind kreativ und umtriebig. Der Wegfall des Stadtfestes in seiner bisherigen Form bietet Chancen für die Entwicklung moderner Formate, bei denen wir uns mit Musik, Kultur und Geschichten aus Chemnitz und der ganzen Welt im Stadtzentrum treffen können. Das ermöglicht Begegnung zwischen den Generationen und Kulturen. Die Stadt sollte jetzt einladen, Konzepte für solch ein Bürgerfest gemeinsam zu entwickeln. Es nur bei der Absage des Stadtfestes zu belassen, wäre falsch.”

Frank Heinrich, CDU-Bundestagsabgeordneter
„Aus meiner Sicht ist die Absage des Stadtfestes sehr schade bis hin zu schädlich für Chemnitz. Schädlich insbesondere aufgrund der überregionalen Wirkung nach außen, etwa in Berlin, wo ich das jede zweite Woche zu spüren bekomme. Ich hätte mir gewünscht, dass bereits bei der Absage konkrete Alternativvorschläge auf dem Tisch gelegen hätten.“

Frank Müller-Rosentritt, FDP-Bundestagsabgeordneter
“Ich finde es eine Armutserklärung an den Rechtsstaat und ein komisches Verständnis von Zivilgesellschaft. Wir sollten weder vor einer einzelnen Tat, welche nicht einmal im Zusammenhang mit dem Stadtfest stand, noch von rechten oder linken Demonstranten einknicken. Sondern wir sollten offen und selbstverständlich unsere freiheitliche, friedliche und weltoffene Art leben und genießen. Zum Schutz dieser Lebensweise ist der Staat verantwortlich. Eine Absage des größten Volksfestes der Stadt kommt einer Kapitulation des Rechtsstaates gleich. Nur ganz konkrete Hinweise auf eine massive Gefährdung der Bevölkerung wären ein Grund für eine Absage.”

Michael Leutert, DIE LINKE-Bundestagsabgeordneter
„Die Entscheidung ist nachvollziehbar, denn nach dem letzten Jahr können wir und kann die Stadt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Es gab auch in den Jahren zuvor Probleme, die für einen Abbruch gereicht hätten. Aber wir dürfen nicht kapitulieren. Es braucht eine Neukonzeption des Stadtfestes. Getragen von den EinwohnerInnen der Stadt und ausgerichtet für die EinwohnerInnen der Stadt. So ein Stadtfest würde nach außen tragen, dass es auch in Chemnitz genug Menschen gibt, die sich für eine weltoffene, demokratische und tolerante Gesellschaft einsetzen.”

Peter Patt, CDU-Landtagsabgeordneter

“Das Stadtfest abzusagen zeigt eine Ohnmacht der Oberbürgermeisterin. Statt vor einer Drohlage zu kapitulieren, sollte man Veränderungen umsetzen. Das Stadtoberhaupt darf ohne Verhandlung mit dem Stadtrat die Stadt nicht aufgeben, das ist nicht das Bild, welches wir Chemnitzer in der Weltöffentlichkeit ausstrahlen wollen.”

Nico Brünlos, DIE LINKE-Landtagsabgeordneter
“Die Absage des Stadtfestes war eine falsche Entscheidung. Sowohl der Zeitpunkt war falsch, als auch die Absage als solche. Wenn die für das Fest verantwortliche Chemnitzer Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft (CWE) davon spricht, dass die “Marke Stadtfest“ durch die Ereignisse letzten Jahres beschädigt sei, dann hinterlässt das einen schalen Beigeschmack.

Ja, die Tötung eines Chemnitzers im letzten August hat die Stadt in Aufruhr versetzt. Auch wenn das Stadtfest als solches mit der Tat nichts zu tun hatte, so war es damals richtig, es vorzeitig zu beenden. Zum einen aus Respekt vor dem Opfer, aber auch aufgrund der rechten Aufmärsche, die sofort einsetzten, als bekannt wurde, dass der mutmaßliche Täter ein Flüchtling war. Diese Aufmärsche prägten bundesweit und über Monate hinweg das Bild von Chemnitz. Den negativen Ruf wird unsere Stadt noch jahrelang mit sich tragen.

Allerdings das Stadtfest mit dieser Begründung für 2019 abzusagen klingt dann wie eine Kapitulation – nicht nur der CWE, sondern der gesamten Stadt. Bei aller Kritik die es auch bereits in den Vorjahren am Stadtfest gab, aber ich hätte mir gewünscht, dass Chemnitz in diesem Jahr ein Zeichen setzt. Ein Zeichen für eine bunte und weltoffene Stadt, aber auch ein Zeichen für das Leben.

Auch den Zeitpunkt der Absage konnte man mit Blick auf den derzeit begonnenen Prozess gegen den mutmaßlichen Täter nicht schlechter wählen. Wenn die CWE dabei auch noch als Begründung unkalkulierbare Sicherheitsrisiken anführt, dann klingt auch das wie eine Kapitulation. Abgerundet wird dieser Gesamteindruck durch die zufälligerweise gleichzeitig stattfindende Beisetzung eines bekannten Chemnitzer Hooligans, zu der hunderte Rechtsextreme angereist waren und die bereits ein trauriges Vorspiel im Stadion des CFC fand.”