Start Mittelsachsen Strumpfwerk wird digital
Artikel von: Judith Hauße
09.03.2023

Strumpfwerk wird digital

vti-Vorstandsvorsitzender Thomas Lindner, Torsten Bäz, Geschäftsführer STW Sächsische Textilwerke GmbH und Jenz Otto, Hauptgeschäftsführer des vti (v.l.n.r.) im Produktionsbereich der Strumpfwerk Lindner GmbH. Fotos: Uwe Wolf

Unternehmen des vti-setzt auf Digitalisierung und Künstliche Intelligenz

Die Textilindustrie hält auch in nicht einfachen Zeiten den Kopf oben. Zum Jahresauftakt des Verbandes der Nord-Ostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie e.V. (vti) wurde informiert, dass man trotz eines schweren wirtschaftlichen Umfeldes nicht Trübsal blasen wird. „Positiv ist, dass wir die Umsatzzahlen des Jahres 2019 wieder erreicht haben. Es gab sieben Prozent Wachstum“, so Dr.-Ing. Jenz Otto, Hauptgeschäftsführer des vti.

„Negativ ist allerdings, dass die Produktionskosten um mehr als 11 Prozent gestiegen sind. Logistik, Rohstoffe, Energie und auch die Kosten, die mit Kurzarbeit verbunden sind, sorgen für diesen Wermutstropfen.“ Um noch besser, effizienter und somit wettbewerbsfähiger zu werden, setzt die Textil- und Bekleidungsindustrie auf die Digitalisierung. „Flexibilität und Schnelligkeit sind unser Trumpf“, sagte Thomas Lindner, Vorsitzender des Vorstandes des vti und Geschäftsführer der Strumpfwerke Lindnder GmbH Hohenstein-Ernstthal. „Die Digitalisierung macht uns noch schneller. Wir können noch schneller auf den Markt und die Kunden eingehen und reagieren. Effizienz und Produktqualität werden weiter verbessert.“

Digitalisierung ist kein Selbstläufer

Es müssten Analysen erstellt, Investitionen getätigt, Prozesse angepasst und Mitarbeiter geschult werden. Anke Pfau, Referatsleiterin Wirtschaftsförderung, Bildung im vti, erklärte dazu, die Digitalisierung verändere die Art und Weise, wie Produkte entworfen, produziert und vertreiben werden grundlegend.
„Die Digitalisierung führt zu kürzeren Produktionszeiten, geringeren Kosten und höherer Flexibilität in der Produktion“, so Anke Pfau. Es könnten Produkte mit höherer Präzision und geringeren Fehlerraten hergestellt werden.

Ein Blick in den Maschinensaal der Strumpfwerk Lindner GmbH an der Goldbachstraße in Hohenstein-Ernstthal.

Auch auf die Qualitätssicherung hat die Digitalisierung positive Auswirkungen. So können zum Beispiel mit Bilderkennungsalgorithmen fehlerhafte Produkte identifiziert und ausgesondert werden. „Weiterhin gibt es neue Geschäftsmodelle und Vertriebskanäle für die Firmen“, merkte Anke Pfau an. „Dazu gehören E-Commerce-Plattformen und das Social-Media-Marketing.“ Die Digitalisierung in der Textil- und Bekleidungsindustrie hält auch Andre Lang, Geschäftsführer der Norafin Industries (Germany) GmbH, Mildenau und Vorsitzender des vti-Tarif- und Sozialausschusses im Verband des vti, für wichtig. „Arbeitskräftemangel und die hohen Kosten für Strom und Energie zwingen geradezu zu Effizienz“, sagte er.

„An den Produktionslinien fehlte es bisher an Systemen, die aktuelle Zustände der Anlagen, anstehende Aufgaben, Auftragsänderungen und die zu verwendenden Lagerplätze gebündelt darstellen können. Die Infos lagen vor, wurden aber in unterschiedlichen Systemen verwaltet.“ Fehlprodukte und Zeitverzug waren die Folge. Dank Digitalisierung werden die Infos nun gebündelt dargestellt.
Die umfangreichen Daten werden ausgewertet und die Mitarbeiter am Arbeitsplatz erhalten übersichtlich jene Daten, die sie benötigen und die ihnen nutzen.

Unternehmen springen auf digitalen Zug auf

„Es ist sehr wichtig bei der Digitalisierung, die Mitarbeiter so eng wie möglich einzubeziehen. Umso besser ist das Ergebnis und die Akzeptanz“, merkte Thomas Lindner an. Auch für die STW Sächsischen Textilwerke GmbH Crimmitschau, einem Unternemen dass sich mit der Rekonstruktion historischer Textilien beschäftigt, ist die Digitalisierung ein notwendiger und wichtiger Schritt. „Wir stellen kleine Mengen an Stoffen her, bis zu einer Länge von 100 Meter.

Produktion und Ablauf zwingen zur Digitalisierung

Die Rekonstruktion, und Produktion wird dadurch schneller. Außerdem können wir durch den Einsatz von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz Material sparen“, sagten die beiden Geschäftsführer Peggy Wunderlich und Torsten Bäz.

Das Unternehmen investiert mit einer Partnerfirma aus der Lausitz in den Aufbau einer regionalen Seidenproduktion. In den kommenden Jahren wird die Erforschung und Entwicklung eines digitalisierten Rekonstruktionsprozesses unter Nutzung von Künstlicher Intelligenz mit Kooperationspartnern vorangetrieben. Rund 16.000 Beschäftigte sind in den zum vti gehörenden Betrieben beschäftigt, davon 12.000 in Sachsen.

Neben dem Fachkräftemangel gibt es auch einen Mangel an auszubildenden. „Wir haben derzeit 184 Auszubildende in den Firmen des Verbandes“, so Jenz Otto. Etwa 43 Prozent der Ausbildungsangebote sind leider nicht besetzt, obwohl sich die Firmen bei der Nachwuchsgewinnung sehr viel Mühe geben.“

Was die Produktion betrifft, so überwiegen Technische und Raumtextilen bei den Unternehmen des vti. Die Bekleidungsindustrie liegt bei unter zehn Prozent des Umsatzwertes. Im Vergleich: bundesweit liegt der Wert bei rund 40 Prozent.
„Das hat was mit der Historie zu tun. In den Altbundesländern konnten Marken geschaffen werden, während unsere Produkte dort weitestgehend unbekannt waren“, erläuterte vti-Vorstandsvorsitzende Thomas Lindner. „Dazu kommen noch Importdruck und Preisverfall im Bekleidungssektor. Deshalb ist die Standartproduktion bei den ostdeutschen Unternehmen nur gering.“ uw