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Artikel von: Sven Günther
10.08.2016

Studien-Streit am Fichtelberg

Am Fichtelberg gibt es weiter Streit um die Skiliftbau-Pläne. Foto: TVE
Am Fichtelberg gibt es weiter Streit um die Skiliftbau-Pläne.
Foto: TVE

Weiter Streit am Fichtelberg

Von Sven Günther
Kurort Oberwiesenthal. Der Streit um die Skiliftbau-Pläne geht in die nächste Runde. Die GRÜNEN argumentieren mit der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Staatsregierung, in der es heißt:

„Die Tourismuspolitik in Sachsen hat die Folgen des Klimawandels für den Wintertourismus analysiert und stellt insbesondere in den betroffenen Destinationen permanent Überlegungen an, wie Anpassungsstrategien entwickelt werden können. Die durch Klimamodelle projizierte Erwärmung zwingt die vom schnee- und frostgebundenen Wintersport wirtschaftlich profitierenden Destinationen dazu, einseitige, witterungsabhängige Angebote zu reduzieren und diversifizierte touristische Angebote zu entwickeln, damit sie konkurrenzfähig bleiben.“

Zugrunde liegt eine Studie mit Namen INTERKLIM, die von der Staatsregierung in Auftrag geben wurde und den Klimawandel im böhmisch-sächsischen Grenzraum analysiert. Die Kosten: 359.978,43 Euro EU-Fördermittel aus dem Programm Ziel 3. Empfänger und Projekt-Partern war das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie.

Weswegen ein Landesamt für eine Umweltstudie EU-Fördermittel bekommt, wird www.wochenendspiegel.de bei der Staatsregierung erfragen.

Die GRÜNEN stellen ihrer Kleinen Anfrage ein Ergebnis dieser Studie voran, das besagt, dass “die Spanne der möglichen Temperaturzunahme bis zum Ende des Jahrhunderts zwischen 1 und 4 Grad Celsius betragen kann.” Weiter heißt es, dass typische Kälteereignisse wie Eis- und Frosttage seltener werden.

Hier geht es zur Kleinen Anfrage:

Kleine Anfrage Inestitionen in Wintersport

 

Ulrike Kahl
Ulrike Kahl

 

 

 

Zwei Studien – zwei Meinungen

Die Kreisrätin und Vorsitzende der GRÜNEN im Erzgebirgskreis, Ulrike Kahl, äußert sich dazu folgendermaßen:

„Auch der sächsischen Staatsregierung ist – im Gegensatz zu manchem kommunalen Verantwortungsträger – sehr wohl bewusst, dass weitere Investitionen der öffentlichen Hand in alpine Ski-Infrastruktur fehlgeleitete Gelder sind und alle Anstrengungen auf eine touristische Kompensation hin zum Ganzjahrestourismus gerichtet sein müssen. Seit langem fordern wir GRÜNEN entsprechende Anpassungsaktivitäten, da veränderte Schnee- und Temperaturbedingungen in unseren klassischen Wintersportregionen sonst große Einbußen und Verwerfungen in der Tourismusbranche zur Folge haben werden und die Konkurrenzfähigkeit der Region auf dem Spiel steht.“

Sie kritisiert die Skiliftbau-Pläne schon länger scharf (https://www.regionalspiegel-sachsen.de/oberwiesenthal-gruene-giften-gegen-sessel-lift/).

Dagegen ist René Lötzsch, der Chef der Fichtelberg-Schwebahn, ein Verfechter der Modernisierung der Anlagen am Fichtelberg, gab selbst eine Studie in Auftrag. Autor ist der Tiroler Skitourismus-Forscher Günther Aigner, der die Daten des Deutschen Wetterdienstes der letzten 100 Jahr zugrunde legte. Nach ihnen liegt die mittlere Wintertemperatur seit 1915 durchschnittlich bei minus 4,4 Grad. In den letzten 30 Jahren ist sie von minus 3,2 auf minus 3,8 gefallen.

 

René Lötzsch
René Lötzsch

 

Das Fazit von Lötzsch: “Wenn wir das Skigebiet am Fichtelberg nicht modernisieren und attraktiver machen, werden immer mehr Touristen auf der tschechischen Seite Ski fahren. Wenn wir weiter so machen wie bisher, geht das schief – und dann bricht der gesamte Tourismus im sächsischen Erzgebirge zusammen, weil mit dem Skigebiet am Fichtelberg quasi der Leuchtturm einstürzen würde. Das kann keiner wollen, auch Naturschützer nicht. Nur 500 Meter Luftlinie von uns gen Süden sind Baumaßnahmen möglich, von denen wir nur träumen können.”

Lesen Sie dazu:

Fichtelberg: Grüne Attacke & nüchterne Zahlen

 

Schaut man sich die Ergebnisse der INTERKLIM-Studie unter https://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/klima/29665.htm an, liest man allerdings auch: “Insbesondere im Frühjahr und im Sommer ist sowohl dekadisch als auch im Vergleich beider Untersuchungszeiträume ein stetiger Anstieg der Mitteltemperaturen zu beobachten.”

In einem auf der INTERKLIM-Homepage veröffentlichtem Zeitungsartikel (http://www.interklim.eu/wp-content/uploads/2014/01/140121_Wochenkurier_Interview_Dahlke.pdf) heißt es:

“Die Jahresmitteltemperatur stieg während der letzten beiden Jahrzehnte im Vergleich zu 1961 bis 1990 um 0,7 Grad an – von 7,5 auf 8,2 Grad Celsius. Am deutlichsten von der Erwärmung betroffen sind das Frühjahr mit 0,9 Grad und der Sommer mit 1 Grad. Damit verlängerte sich die Vegetationsperiode um etwa acht Tage, ein Ergebnis, dass besonders die Landwirte interessieren dürfte.”