Start Chemnitz Traumjob in der Heimat
Artikel von: Redaktion
09.01.2016

Traumjob in der Heimat

Sören Uhle will es mit einem „Chemnitz-eigenen Weg“ schaffen, dass man sich im Jahr 2030 fragt, wie es die Stadt  geschafft hat, unter den 30 größten Städten mitzuschwingen… Foto: bit
Sören Uhle will es mit einem „Chemnitz-eigenen Weg“ schaffen, dass man sich im Jahr 2030 fragt, wie es die Stadt geschafft hat, unter den 30 größten Städten mitzuschwingen… Foto: bit

Chemnitz. Der oberste Stadt-Vermarkter und Wirtschaftsförderer hat vorgemacht, wofür er sich vehement einsetzt: die Rückkehr gut ausgebildeter junger Leute nach Chemnitz. Sören Uhle, seit 1. November 2015 de facto Geschäftsführer der Chemnitzer Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH (CWE), hat am 19. Dezember seine familiären Zelte wieder in der Heimatstadt aufgeschlagen und in dieser Woche die Arbeit aufgenommen.

Der 40-Jährige war nach BWL-Studium und Tätigkeit als Wirtschaftsförderer im Landkreis Dithmarschen von 2007 bis 2011 bereits für das Standortmarketing bei der CWE verantwortlich, konzipierte damals u. a. die Fachkräftekampagne „Chemnitz zieht an“.

Da lag die Bewerbung um den Chefposten nahe, nachdem die Stadt den auslaufenden Vertrag mit Ulrich Geissler nicht verlängert hatte. Uhle, zuletzt Geschäftsführer der Wohnungsgesellschaft Borna, spricht von einem Traumjob.

„Dabei kann ich das in über zehn Jahren gesammelte Wissen und die Erfahrung in Sachen Wirtschaftsförderung und Leitung kommunaler Unternehmen in meiner Heimatstadt umsetzen. Die Tätigkeit ist außerordentlich vielfältig, da die CWE auch für Tourismus und Stadtmarketing zuständig ist.“

In der Vergangenheit musste sich die CWE den Vorwurf gefallen lassen, zu wenig Wirtschaftsförderung zu betreiben…

Die Kritik kenne ich. Sie gibt aber eher die Sicht von außen wieder. Die Mitarbeiter hier machen alles, was zur klassischen Wirtschaftsförderung gehört, wie Fördermittelberatung, Gewerbeflächenvermarktung usw. Dennoch gibt es Bereiche, denen wir uns stärker widmen müssen und wo ich mich persönlich stark einbringen will.

Dazu gehört die Bestandspflege der Unternehmen – ich will wissen, wie der Unternehmer „tickt“, wo eventuell der Schuh drückt. In diesem Zusammenhang wollen wir uns auch stärker der Unternehmensnachfolge widmen. Wichtige Partner dabei sind die Kammern. Wenn die Hilfe nicht systematisiert wird, überlassen wir es dem Zufall, ob ein Unternehmen in Chemnitz überlebt oder nicht.

Welche Schwerpunkte setzen Sie beim Stadtmarketing, dass per Stadtratsbeschluss seit 1. Januar von der CWE verantwortet wird?

Die Kampagne „Die Stadt bin ich“, bei der sich die Stadt selber an die Spitze gestellt hatte, wird fortgeführt. Sie hat gezeigt, wie es funktionieren kann, die Chemnitzer mitzunehmen. Es gibt viele kleinere und größere Aktionen, die Erlebtes und Getanes sichtbar machen, die Energie transportieren.

Jetzt müssen wir einen Weg finden, die guten Botschaften nach außen zu tragen. Fürs Ganze gilt: Wir müssen es durchhalten und die Stadt muss es aushalten. An der Wahrnehmung werden wir uns messen lassen müssen.

Die Kampagne lebt sehr von Aktivitäten von jungen Leuten und für diese und setzt auf die neuen Medien. Erwächst dadurch bei dieser Generation, der Sie ja auch angehören, eine neue, positivere Sicht auf Chemnitz?

In der Digitalisierung, den neuen Medien steckt das größte Potenzial fürs Marketing. Vieles läuft in Echtzeit. Andere Städte – ich schaue dabei auf Amsterdam, Hamburg oder osteuropäische Hauptstädte – haben es sehr gut hinbekommen, die jungen Leute mitzunehmen.

Freies WLAN beispielsweise eröffnet ganz andere Möglichkeiten der Kommunikation. Wir reden plötzlich über ganz andere Infrastrukturen, die genauso wichtig sind wie Straßen. Diesen, zugegeben sehr komplexen Themen möchte ich mich stellen, doch das kann die Wirtschaftsförderung nicht allein.

Der Vorteil meiner Generation ist: Wir kannten die Welt vorher und wachsen in die digitale Welt hinein, erkennen die Sorgen und Nöte in diesem Zusammenhang und sehen die Chancen des Neuen.

Wo steht der Wirtschaftsstandort Chemnitz etwa im Jahr 2020, in einem für Sie als Geschäftsführer überschaubaren Zeitraum?

Das ist mir zu kurz gedacht. Unabhängig von Personen sollte man die Chancen einer Stadt in einem bestimmten Zeitraum ausloten. Da bin ich eher bei 2025/30. Dann will ich nicht mehr erklären müssen, was Chemnitz ist, niemand soll mehr überrascht davon sein, was die Stadt bietet. Wir müssen zu einem ganz anderen Selbstverständnis kommen.

Ich orientiere mich gern an den größten und erfolgreichsten Städten. Dabei sollten wir aber nie unsere Traditionen und Historie vergessen. Das heißt Pflege der Industriekultur ebenso wie der traditionellen Unternehmen und Wirtschaftszweige. Daraus lässt sich der „Chemnitz-eigene Weg“ bilden. Man darf sich dann 2030 fragen, wie es Chemnitz geschafft hat, unter den 30 größten Städten mitzuschwingen…

Stichwort Industriekultur: Es scheint, als setze das Tourismusmarketing etwas einseitig auf dieses – durchaus Chemnitz prägende – Thema. Aber lassen sich damit auf Dauer viele Gäste anlocken?

Für konkrete Aussagen ist es etwas früh, mit den touristischen Partnern muss ich mich erst noch austauschen. Ich denke, wir können das Thema Industriekultur länger und besser durchhalten als andere, müssen es einfach klug und für bestimmte Zielgruppen kombinieren mit dem großen Türöffner Kunstsammlungen, der Oper, einer hohen Lebensqualität in Chemnitz, den touristischen  Möglichkeiten in Rabenstein und anderem mehr.

Dafür braucht es nicht mehr Ressourcen, in Kooperation kann man vieles hinkriegen.