Start Zwickau Unsichtbare Gefahr: Stadt reagiert auf zu hohe Radon-Werte mit weiteren Maßnahmen
Artikel von: Judith Hauße
28.06.2018

Unsichtbare Gefahr: Stadt reagiert auf zu hohe Radon-Werte mit weiteren Maßnahmen

Das Clara-Wieck-Gymnasium weist mitunter die höchste Radon-Konzentration auf. Foto: Judith Hauße/Pixabay

Landkreis Zwickau. Es rumort seit vielen tausend Jahren in der Tiefe Mitteldeutschlands und dennoch können wir es weder riechen, noch hören, geschweige denn sehen oder schmecken: Das radioaktive Edelgas Radon taucht überall da auf, wo im Freistaat zerfallenes Uran im Boden lagert. Vor allem in Mittelgebirgen mit Granitsteinen wie dem Erzgebirge oder im Vogtland lässt es sich finden.

Und genau dort sind es insbesondere die früheren Abbaugebiete der SDAG Wismut, in denen die Geigerzähler teilweise ausschlagen. Besonders über undichte Gebäudehüllen im Bereich des Kellers oder Erdgeschosses kann das Gas in die Innenräume gelangen, sich zu einer hohen Konzentration aufstauen und im schlimmsten Fall zur Gefahr für die Gesundheit werden. Der von der EU festgelegte Referenzwert für Arbeitsplätze und Aufenthaltsräume im Erdgeschoss beträgt nach dem Strahlenschutzgesetz rund 300 Bequerel pro Kubikmeter, wobei eine geringere Überschreitung nicht unmittelbar gesundheitsschädlich ist.

So war der Schock groß, als in acht von 16 untersuchten Schulen in Zwickau eine zu hohe Radonkonzentration festgestellt wurde. Besonders am Käthe-Kollwitz-Gymnasium in Zwickau konnten allein im Keller zwischen 340 und 710 Becquerel pro Kubikmeter gemessen werden. Dies zeigen die Antworten von Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Petra Zais (GRÜNE). Auch am Clara-Wieck-Gymnasium wird der Referenzwert in der Raumluft mit einem Maximalwert von 2200 überschritten, wie Baubürgermeisterin Kathrin Köhler in der letzten Stadtratsitzung am 21. Juni 2018 bekannt gab. Jedoch kündigte Köhler im gleichen Zug an, dass an beiden Schulen zeitnah mit entsprechenden Gegenmaßnahmen begonnen werden soll. Wie die künftigen Maßnahmen allerdings im Konkreten aussehen sollen, sagte Köhler nicht. Laut Stadt könnten aber die baulichen Gegebenheiten der jeweiligen Schulen das mögliche Hauptproblem für die hohe Radon-Konzentration darstellen.

„Weitere Maßnahmen, die zur Verminderung der Radon-Werte zu treffen sind, müssen für jedes Gebäude separat ergriffen werden“, meint Baubürgermeisterin Köhler.
Bereits in den Winterferien 2016 führte die Stadt freiwillige Messungen des in den Schulgebäuden durchschnittlichen Belastungswertes der Raumluft am Tag durch. Jedoch sammelt sich Radon vor allem über undichte Keller in den Räumen, ehe diese komplett durchgelüftet werden. Demnach könnte vor allem in der Nacht eine höhere Konzentration des Edelga-

ses entstehen als tagsüber während der Unterrichtszeit. So fließen die Nachtwerte ebenso in den Durchschnittswert mit ein, so dass mit diesem nur sehr gering etwas über die tatsächliche Belastung am Tag, also sprich während des Schulbetriebes ausgesagt werden kann. Daher kam es schließlich laut Köhler von Oktober 2017 bis Januar 2018 zu zusätzlichen Messungen, deren Ergebnisse seit Ende Mai 2018 vorliegen. Schließlich gilt seit langem in den Schulen: Lüften, lüften, lüften. „Die Radonkonzentration sinkt erfahrungsgemäß durch zwei- bis dreimaliges Lüften pro Tag für eine Dauer von je wenigen Minuten schon erheblich ab“, wie Frank Meyer, Pressesprecher SMUL erläutert.

Jedoch kann das Problem durch regelmäßiges Lüften, wie es die Stadt nun bei allen anderen Schulgebäuden vorsieht, doch nicht überall aufgrund der zu hohen Werte behoben werden. „Das Lüften der Räume ist eine Selbstverständlichkeit, daher ist klar, dass allein mit Lüften die Werte nicht in allen Räumen nachhaltig gesenkt werden können“, wie Dr. Lars Flemming, Schulleiter des Clara-Wieck-Gymnasiums sagt. Dementsprechend wurde in Zwickau bereits ein Gutachter bezüglich der bautechninischen Fragen einbezogen, wonach die Stadt grünes Licht für weitere Untersuchungen sowie gegebenenfalls auch für damit verbundene künftige Baumaßnahmen am Käthe-Kollwitz-Gymnasium sowie am Clara-Wieck-Gymnasium gegeben hat. Dementsprechend sollen nun auch schnellstmöglich Maßnahmen zur Verminderung der hohen Radon-Werte in Angriff genommen werden, wenn nicht sogar schon in den bevorstehenden Sommerferien, wie Köhler verkündet.

Nicht zuletzt fand bereits schon am Donnerstag, den 21. Juni eine erste Informationsveranstaltung für die gesamte Lehrer,- Schüler- und Elternschaft beider Schulen statt, bei der u.a. auch Vertreter der Stadt und des Hochbauamtes, des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL), der Schulaufsicht, sowie vom Geschäftsbereich des Emissions- und Strahlenschutz der staatlichen Betriebsgesellschaft für Umwelt und Landwirtschaft präsent waren. „Wir sind nunmehr froh, dass sich alle Verantwortlichen der Situation an beiden Gymnasien bewusst sind und sich vor allem sachlich und zielführend mit dem Thema auseinandersetzen“, wie Ralf Ballmann, Schulleiter des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums betont. So wurden alle Anwesenden im Rahmen der Veranstaltung mit Hilfe eines fachlichen Vortrages seitens des SMUL über das radioaktive Edelgas Radon in vielen Punkten aufgeklärt. Im Anschluss daran gab es eine Gesprächsrunde, bei der alle, darunter auch Ulrike Hauser, Lehrerin am Käthe-Kollwitz-Gymnasium, ihre Fragen zur Lage stellen konnten. „Ich war bereits von Beginn an, als die Ergebnisse uns erreicht haben, sehr erschrocken darüber gewesen, wie prekär die Lage ist. Und nun, wo wir über die Gefahren Bescheid wissen, muss endlich gehandelt werden. Denn es geht in erster Linie um die Gesundheit aller Schüler und Lehrer“, so Hauser, die selbst, obwohl sie Nichtraucherin ist, an Lungenkrebs erkrankt war.