Start Mittelsachsen US-amerikanischer Generalkonsul Scott Riedmann zu Besuch in Penig
Artikel von: Redaktion
31.10.2015

US-amerikanischer Generalkonsul Scott Riedmann zu Besuch in Penig

Der Peniger Bürgermeister Thomas Eulenberger im Gespräch mit dem US-amerikanischen Generalkonsul Scott Riedmann. Foto: Roman Pfüller
Der Peniger Bürgermeister Thomas Eulenberger (re.) im Gespräch mit dem US-amerikanischen Generalkonsul Scott Riedmann. Foto: Roman Pfüller

Penig. Die schwere Holztür des Ratssaals des Peniger Rathauses öffnet sich und Bürgermeister Thomas Eulenberger betritt zusammen mit seinem Gast, dem US-amerikanischen Generalkonsul Scott Riedmann, den Raum. Kein Tamtam, kein Staatsakt – Scott Riedmann ist einfach ein Besucher zum Anfassen. Sein Bodyguard hält sich unauffällig im Hintergrund.
Der Raum ist mit der Flagge der USA geschmückt, die Manfred Bohlender, einem seit vielen Jahren in Seattle lebenden gebürtigen Burgstädter und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kulturpflege in Seattle, im Juni der Stadt überreicht hat. Die Flagge war ein Geschenk zum 25-jährigen Jubiläum der Wiedervereinigung und hat laut Zertifikat am 9. November 2014 über dem Capitol in Washington geweht.
„Als ich hörte, dass es ein Amerika in Deutschland gibt, musste ich einfach herkommen“, sagt Scott Riedmann.

Es ist Mittwoch, der 28. Oktober, kurz nach 13 Uhr und die Schüler der Friedrich-Eduard-Bilz-Oberschule Penig und der 12. Klassen des Gymnasiums Penig warten gespannt, was der der US-Diplomat wohl erzählen wird. Nach einem familiengeschichtlichen Kurzabriss und ein paar Worten über seine Heimatstadt Warren in Ohio erzählt er den Schülern von sich, aber vor allem von seiner Arbeit – alles in englischer Sprache. „Ich bin ein Vertreter meines Landes. Meine Arbeit besteht aus Repräsentation aber auch aus politischen und wirtschaftlichen Aufgaben. In meinem Job bin ich sozusagen das Bindeglied zwischen den USA und Deutschland,“ erklärt der Generalkonsul. „Zu 50 Prozent erkläre ich meiner Regierung, was hier in Deutschland passiert und warum. Die anderen 50 Prozent bestehen darin, dass ich meinen deutschen Kollegen vermittle, was die USA tun und aus welchen Beweggründen. Zudem ist die wirtschaftliche Verflechtung von Deutschland und den USA sehr groß. Ich bin dafür da, diese Beziehungen zu pflegen und auszubauen.“

Die ersten Fragen der Schüler lassen auch gar nicht lange auf sich warten. So wird zum Beispiel gefragt, welche Sprachen er in der Zukunft als bedeutend erachte. „Fremdsprachen zu beherrschen ist enorm wichtig,“ sagt Scott Riedmann. „“Besonders bedeutend sind zukünftig ganz gewiss Arabisch und Chinesisch.“ Auf die Frage, ob es für ihn sehr schwer war, die deutsche Sprache zu lernen, meint der US-Diplomat: „Als ich begann Deutsch zu lernen, hatte ich noch Haare wie David Hasselhoff.“ „Die Sprache ist für mich eine Metapher zu Deutschland: Sie ist sehr kompliziert. Aber wenn man sie einmal verstanden hat, ist sie in sich sehr logisch.“

Die eine oder andere Frage bringt den Gast sichtlich zum Nachdenken. Die Schüler sind nicht zimperlich und fragen sehr direkt und persönlich. Ob man in den USA eigentlich die PEGIDA-Bewegung wahrnimmt und ob man dort darüber in Sorge wäre, will eine Schülerin wissen. „Natürlich sieht die US-Regierung, was hier passiert. Und sie fragen mich, was da eigentlich los ist. Was ist das? Warum passiert das? Sind das Nazis? Wie groß ist ihr Einfluss?“, erklärt der Generalkonsul. „Allerdings sind das Fragen, die mir die amerikanische Regierung und das Außenministerium stellt. Für die meisten US-Bürger sind Deutschland und Europa weit weg und interessieren sie daher nur recht wenig.“ Auf die Frage nach seiner persönlichen Sicht wird klar, dass Scott Riedmann eine sehr differenzierten Blick auf die Menschen hat, die in Dresden und anderen Städten auf die Straße gehen. „Pegida ist wie eine Zwiebel. Nur eine kleine Zahl, sozusagen der innere Kern, dieser Bewegung, sind nach meiner Auffassung Nazis“, sagt der Diplomat.
„Wir haben in den USA dieselben demografischen Probleme wie Deutschland. Unsere ländlichen Regionen veröden, die Wirtschaftszentren wachsen enorm,“ erfahren die Schüler vom Generalkonsul. „Aber die Flüchtlinge sind nicht die Lösung für diese Probleme. Sie können bei notwendigen Maßnahmen und Strategien höchstens helfen.“

Wie er zu dem Thema TTIP und CETA, den vieldiskutierten Freihandelsabkommen, stehe, fragt ein anderer Schüler. „Ich sehe so ein Freihandelsabkommen als eine enorme Chance. Ich verstehe die Demonstranten nicht wirklich. Die Leute protestieren gegen etwas, das es noch gar nicht gibt. Wir sind gerade erst dabei, Richtlinien für einen globalen Handel und eine Weltwirtschaft zu erarbeiten. Und wenn wir die nicht gemeinsam festlegen, macht es irgendwann ein anderer. Außerdem: Was ist der Grundgedanke der EU? Die EU ist nichts anderes. Sie ist ebenfalls eine Freihandelszone. Ich glaube, TTIP ist eine ganz große Chance für jedes Land auf der Welt und alle Unternehmen.“

Abschließend erzählte der bekennende Basketballer, der Fan der Cleveland Cavaliers ist, noch die eine und andere lustige Anekdote aus seinem Diplomaten-Leben: Während des Antrittsbesuchs von US-Präsident Obama in Europa arbeitete US-Generalkonsul Scott Riedmann als Diplomat in Prag. Dort half er mit seinen sehr guten tschechischen Sprachkenntnissen (Riedmanns Ehefrau ist Tschechin.) Barack Obama im Vorfeld seiner Rede, die Aussprache und Betonung verschiedener Phrasen und Sätze zu verbessern. In den Zeitungen war nach Obamas Rede dann zu lesen, dass der neue US-Präsident fließend tschechisch spricht.
Bei seiner Arbeit in Mexiko musste er während des Spring Breaks einen amerikanischen Studenten aus dem Gefängnis holen. Der Betrunkene hatte eine Bierdose auf einen Bus geworfen und war dann auf der Flucht vor der Polizei vor lauter Angst von einer Brücke in eine Lagune voller Alligatoren gesprungen. Zum Glück konnte er von der Polizei unverletzt gerettet werden.

Im Anschluss an die Gesprächsrunde mit den Peniger Oberschülern und Gymnasiasten folgte dann ein umfangreiches Programm in und um Penig. Start war mit der Besichtigung Amerikas in Sachsen. Dort besuchte der US-amerikanische Generalkonsul die Stahlbau Amerika GmbH und die Wasserkraftanlage sowie die Feilenhauerei. Danach machte Riedmann eine Stippvisite in der alten Peniger Stadtkirche, gefolgt von einem kleinem Rundgang durch die historische Innenstadt. Im Anschluss daran gab es einen Imbiss im Rathaus mit den Fraktionsvorsitzenden, nachdem sich Scott Riedmann in das „Goldene Buch“ der Stadt Penig eintrug. Abends war der US-Diplomat zu Gast bei einem Wirtschaftsstammtisch, einer Gesprächsrunde mit Peniger Unternehmern über die Chancen und Risiken von TTIP.

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