Start Erzgebirge Vom Bandleader zum Stadtführer
Artikel von: Sven Günther
04.08.2022

Vom Bandleader zum Stadtführer

Heinz-Peter Haustein (links) und Jörg Klaffenbach, der neue Bürgermeister von Olbernhau. Foto: Frank Helmert

 

Die Gitarre bleibt daheim…

Von Sven Günther
Olbernhau. Er saß nicht im Stadtrat, gehört keiner Partei an, ist in Sachen Politik im wahrsten Wortsinn ein Außenseiter.
Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – wählten ihn die Olbernhauer zum neuen Bürgermeister. Der Bandleader der Rockgruppe „On Air“ ist Stadtführer. Rod-Steward-Frisur statt Krawatte. Der Chef des örtlichen ALDI-Marktes im Rathaus-Chefsessel.
Dem WochenENDspiegel gab er dieses Interview:

WOCHENENDSPIEGEL: Am Montag (1. August) zogen Sie ins Rathaus ein. Welche drei Vorhaben wollen Sie zuerst versuchen umzusetzen?
JÖRG KLAFFENBACH: Zunächst werde ich mich mit meinen Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung bekannt machen. Wir befinden uns im Endspurt zum 6. SBHKT, des Weiteren gilt es kommunal auf die Gasmangellage zu reagieren und der Haushaltsplan für die Jahre 2023/24 muss gestrickt werden. Darin möchte ich dann Themen meines Wahlprogrammes platzieren. Welche das sind, wird demokratisch mit Stadtverwaltung und Stadtrat abgestimmt.

WOCHENENDSPIEGEL: Dass ein Polit-Neuling ein Bürgermeisteramt übernimmt, ist die Ausnahme. Woher nehmen Sie den Mut, diese Aufgabe anzugehen?
JÖRG KLAFFENBACH: Ich verstehe mich als Dienstleister am Bürger und diene meiner Heimatstadt. Dabei ist es vielleicht gut, die Sprache derer zu kennen und zu sprechen. Seminare und Schulungen, das Rüstzeug eines Bürgermeisters betreffend, werde ich kurzfristig besuchen.
WOCHENENDSPIEGEL: Sie folgen auf Heinz-Peter Haustein, einem Politik-Profi. Wie war der Austausch zwischen ihnen?
JÖRG KLAFFENBACH: Heinz-Peter Haustein ist ein Urgestein unserer erzgebirgischen Heimat. In zahlreichen Gesprächen und „Einarbeitungsstunden“ mit ihm in den letzten Wochen hat er mir wertvolle Tipps und seine Erfahrungen und Wissen vermittelt. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.

WOCHENENDSPIEGEL: Ihr bisheriger Arbeitgeber – ALDI – gilt gemeinhin als perfekt durchstrukturiert. Fürchten Sie die Bürokratie, die an Verwaltungen immer wieder kritisiert wird?
JÖRG KLAFFENBACH: Tatsächlich kam es bei meinem bisherigen Arbeitgeber darauf an, auf Mitbewerber, besondere Zeiten oder Herausforderungen schnell und trotzdem wirtschaftlich zu reagieren. Ich wünsche mir, dass es uns gelingt, bürokratische Barrieren in den Verwaltungen unseres Landes abzubauen, dass uns die Zeit und der Fortschritt nicht davon läuft.

WOCHENENDSPIEGEL: Sie haben noch bis zum Freitag im Supermarkt gearbeitet, sind seit Montag Bürgermeister. Hatten Sie keine Lust auf Urlaub oder wenigstens auf ein paar freie Tage?
JÖRG KLAFFENBACH: Meinen Urlaub habe ich gecancelt, die Tage zur ersten Einarbeitung genutzt. Natürlich muss der Akku auch wieder aufgeladen werden, um wieder Kraft zu tanken. Das wird irgendwann auch nachgeholt.

WOCHENENDSPIEGEL: Gibt es etwas, dass Sie aus Ihrem alten Büro ins neue mitnehmen?
JÖRG KLAFFENBACH: Ich habe den Dienstplan meiner letzten Arbeitswoche mitgenommen. Er soll mich immer an wundervolle 15 Jahre in einem tollen Team erinnern.

WOCHENENDSPIEGEL: Und die Gitarre bleibt daheim oder wird in der Mittagspause geprobt?
JÖRG KLAFFENBACH: Musik ist die beste Medizin, um Gefühle oder Meinungen zu transportieren oder auch Stress abzubauen.Die Gitarre erfüllt ihren Zweck dann nach der Arbeit…

WOCHENENDSPIEGEL: Mit der Band „On Air“ wollten Sie gerade durchstarten, haben die fünfte Platte aufgenommen, haben Konzerte geplant. Erlebt das Publikum jetzt einen rockenden Bürgermeister u.a. am 19. August in Zschopau?
JÖRG KLAFFENBACH: Wenn es die Zeit erlaubt, werde ich meinem Hobby selbstverständlich treu bleiben. Eine Woche hat bekanntlich 168 Stunden. In Zschopau freue ich mich, meinen Kollegen Herrn Oberbürgermeister Arne Sigmund kennenzulernen.