Start Erzgebirge Was forscht Ihr eigentlich?
Artikel von: Sven Günther
18.01.2022

Was forscht Ihr eigentlich?

Was fehlt? Genau! Der Zug ist im Erzgebirge ohne Lokführer unterwegs, wird ferngesteuert. Foto: SmartRail

Forschen wir den Japanern hinterher?

Von Sven Günther
Erzgebirge. Die Meldung ging durch die Medien: Die TU Chemnitz und Vodafone arbeiten bei Forschungskooperation an 5G-Kommunikation & Automatisierung im Bahnverkehr zusammen. Zeitungsredakteure titelten wunderschön: 5G-Netz schickt Lokführer ins Homeoffice.
Der Hintergrund: 2022 entsteht das vermutlich schnellste längste Mobilfunk-Netz Europas auf dem Smart Rail Connectivity Campus (SRCC) und der 25 Kilometer lange Teststrecke der Erzgebirgsbahn zwischen Annaberg-Buchholz und Schwarzenberg. Das Netz wird durch die TU Chemnitz, in enger Abstimmung mit der Deutschen Bahn aufgebaut.
Der Smart Rail Connectivity Campus. Ein 17,5 Millionen Euro Programm, an dem mehr als 140 Partner (u.a. Fraunhofer, Siemens, Deutsche Bahn) beteiligt sind.

Beschäftigt man sich im Internet mit der Materie, dauerte es nur wenige Klicks – und Falten des Zweifels graben sich in die Stirn. Da liest man: Autonomes Fahren: Der Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen fährt erstmals automatisiert. Dann erinnert man sich: Die U-Bahn in Nürnberg fährt schon seit 2010 auf zwei der drei Linien autonom. Und aus Frankreich wird berichtet, dass 2023 Züge autonom fahren können.

Da stellt sich die Frage: Was forscht man eigentlich im Erzgebirge, wenn in Japan Züge bereits autonom fahren??????

Sören Claus, der Geschäftsführer des SRCC lächelt als er die Frage gestellt bekommt, nickt und schüttelt dann den Kopf. Seine Antwort: “Die Frage ist auf den ersten Blick berechtigt. Aber es gibt eine plausible Antwort: Man muss zwischen geschlossen und offenen Systemen unterscheiden.”
Seinen Angaben zufolge sind U-Bahnen so abgeschirmt, das kaum Störungen von außen zu erwarten sind. Auch die Strecke des Shinkansen in Japan ist quasi autonom, hat keine Bahnübergänge, keine kleinen Bahnhöfe, wenig externe Einflüsse.
Darum geht es aber genau den Wissenschaftlern im Erzgebirge. Claus: “Wir erforschen unter anderem das automatisierte Fahren auf Strecken, die öffentlich zugänglich sind, die von Straßen gekreuzt werden, die viele Haltepunkte haben und die Einflüssen von außen ausgesetzt sind.”
Er nennt ein Beispiel: “Es ist zum Beispiel schwierig zu erkennen, ob nur ein kleines Ästchen in die Strecke ragt oder ob es sich um das defekte Stahlteil einer Brücke handelt.”

“Die Überwachung beim Shinkansen bspw. soll durch streckenseitig verbaute Sensorik erreicht werden, auch dieses Verfahren ist noch in Erprobung.“

Außerdem wird im Erzgebirge erforscht, wie Echtzeit-Mobilfunk unbeschrankte Bahnübergänge oder schwer einsehbare Streckabschnitte überwachen kann, um so künftig im Alltag Unfälle zu vermeiden. „Um Züge aus der Ferne zu steuern, braucht es neben hohen Bandbreiten vor allem den Datenaustausch in Echtzeit. Mit 5G-Standalone bringen wir das modernste Netz zu den modernsten Zügen. Mobilfunk reagiert dann so schnell wie das menschliche Nervensystem. Mit unserem Echtzeit-Netz kann die Eisenbahn aus der Ferne gesteuert werden“, so Vodafone Deutschland CEO Hannes Ametsreiter.