Start Zwickau Winnetou – Held und Brückenbauer
Artikel von: Uwe Wolf
17.03.2023

Winnetou – Held und Brückenbauer

Karl-May-Haus-Chef Andre Neubert und Kuratorin Jenny Florstedt mit einem Winnetouaufsteller. Er zeigt Pierre Brice, der in den Filmen der 60er Jahre und auf Bühnen den Häuptling Winnetou verkörperte. Foto: Uwe Wolf
Karl-May-Haus-Chef Andre Neubert und Kuratorin Jenny Florstedt mit einem Winnetouaufsteller. Er zeigt Pierre Brice, der in den Filmen der 60er Jahre und auf Bühnen den Häuptling Winnetou verkörperte. Foto: Uwe Wolf

Vom wilden Indianer zum Edelmenschen

Hohenstein-Ernstthal. Karl May, Indianer, Winnetou. Nein, keine Diskussion über das Wort Indianer, sondern es geht um Karl May und seinem Indianerhäuptling Winnetou. Es ist wohl die bekannteste Romanfigur, die der in Hohenstein-Ernstthal geborenen Schriftsteller erfunden hat. „Winnetou – Evolution eines Helden“ heißt die neue Sonderausstellung im Funktionsgebäude des Karl-May-Haus (http://karl-may-haus.de). Die Eröffnung erfolgte am Samstag zum 181. Geburtstag Karl Mays. „Die neue Ausstellung ist eine Premiere, denn erstmals kann sie im neuen Depotgebäude durchgeführt werden“, sagte Andre Neubert, Leiter des Karl May Hauses. „Wir können jetzt die Ausstellung ein ganzes Jahr zeigen und nicht nur für eine kurze Zeit. Die Leihgeber stellen uns die Exponate für ein Jahr zur Verfügung. Das ist nicht selbstverständlich. Außerdem führen wir erstmals eine Kuratorenausstellung durch. Dazu gibt es noch eine kleine Kabinettausstellung.“

„Winnetou war geboren 1840 und wurde erschossen am 2. 9. 1874. Er war noch herrlicher, als ich ihn beschreiben kann!“ Mit diesen oder ähnlichen Hinweisen beantwortete Karl May die Nachfragen seiner vorwiegend deutschsprachigen Leser, die dank seiner lebendigen Schilderungen fest an die Existenz Winnetous glaubten. May zeigte ihnen Winnetous Silberbüchse und verschenkte Pferdehaare an treue Leser. Diese danken es ihm bis heute mit unwandelbarer Treue, mit Zeichnungen, Plastiken, Gedichten, Liedern, Bühnenstücken, Comics, Filmen, Hörspielen und immer wieder auch neuen Abenteuern in Buchform.

Sinnbild einer verlorenen indianischen Rasse

„Winnetou erfuhr von Karl May Änderungen. 1875 wurde er erfunden. Damals war er noch ein wilder Indianer“, sagte Kuratorin Jenny Florstedt. „20 Jahre später war er der Blutsbruder von Old Shatterhand und seine Populatität unter den lesern enorm. Etwa 10 Jahre später wurde Winnetou von Karl May uminterpretiert. Er wurde zum Edelmenschen und Sinnbild der verlorenen indianischen Rasse.“ Vom ersten Auftritt als wilder Indianer im fortgeschrittenen Mannesalter 1875 bis zum letzten Roman 1910, in dem Winnetou als Verkörperung des „Edelmenschen“ erscheint, machte die Figur also mit ihrem Schöpfer eine Wandlung durch. Und diese Wandlung setzte sich auch nach Mays Tod fort.

Die neue Sonderausstellung im Karl-May-Haus zeigt anhand von Bildern und Exponaten aus knapp 150 Jahren die verschiedenen Facetten der Projektionsfläche „Winnetou“ von 1875 bis in die Gegenwart.

Auch wenn Winnetou tatsächlich kein „treues Einzelbild“ (Zitat May) auch nur eines indigenen Volkes war, wirkt seine Strahlkraft bis in die Gegenwart – und in seiner noch heute bekannten, ikonischen Gestalt lädt er ein, andere Kulturen kennen zu lernen, neugierig zu sein auf fremd wirkende Völker, und Gemeinsamkeiten zu finden, die Freundschaften ermöglichen. Über Zeit und Raum hinweg. Winnetou ist nicht nur ein Held; er war und ist stets ein Brückenbauer. „Ich wünsche der Figur, dass sie die aktuelle Debatte übersteht, denn sie hat es verdient“, sagte die Kuratorin.

Begriff Indianer ist nicht rassistisch

Bernhard Schmidt, Chef des Karl-May-Verlages Bamberg/Radebeul brachte als Geschenk eine historische Druckplatte mit der Ansicht des Karl-May-Hauses aus der Frühphase des Drucks. Weiterhin übergab er an Andre Neubert einen Stadtplan von Hohenstein-Ernstthal und einen Umgebungsplan aus den 30er Jahren. Schmidt betonte, dass Winnetou noch immer aktuell ist. „Unverständlich ist mir die Diskussion über die Figur und den Begriff Indianer. Dieser ist keineswegs rassistisch. Es gibt sogar Indianerstämme in Amerika, die den Begriff „Indians“ in ihrem Namen haben. Sie die etwa selbst gegen sich rassistisch?“ so Bernhard Schmidt. Auch führende Historiker, die sich mit der Kultur und den Indianern Amerikas beschäftigen, seien der Meinung, dass Indianer keineswegs rassistisch ist.“uw