Start Erzgebirge Wir sind das Volk!
Artikel von: Sven Günther
10.09.2018

Wir sind das Volk!

Susanne Stülpner ist Friseurmeisterin aus Marienberg, kennt aus den täglichen Gesprächen in ihrem Salon, was die normalen Menschen wirklich bewegt, was sie denken, was sie sorgt. Jetzt organisiert sie Mahnwachen für das Chemnitzer Messeropfer – ganz ohne rechte und linke Krawallbrüder. 300 Zuhörer lauschten, was sie zu sagen hatte. Foto: Dieter Oehme

Sie weiß, was Volkes Meinung ist

Von Dieter Oehme und Sven Günther
Marienberg. Sie führt die Gespräche stündlich in ihrem kleinen Friseursalon in Marienberg, hört sich an, was normale Menschen wirklich bewegt, was sie denken, was sie sorgt. Und Susanne Stülpner sieht, hört und liest, wie einige Medien berichten, wie Politiker reden, wie rechte und linke Krawallbrüder zum Beispiel das tragische Tötungsdelikt von Chemnitz ausnutzen, um für Randale zu sorgen und somit den friedlichen und geordneten Schweigemarsch tausender Chemnitzer diskreditieren.

ABER SUSANNE STÜLPNER WOLLTE NICHT LÄNGER SCHWEIGEN!

Vor wenigen Tagen organisierte sie auf dem Marktplatz von Marienberg eine Mahnwache, der 300 Menschen folgten. Ruhig gesetzt, friedlich. Ohne dass sich Parteien einmischten, Politiker auftraten. Die einzige Rednerin war die Friseurmeisterin.

War es schon nicht so einfach ein paar Ordner zu finden, so griff sie beim Besorgen der erforderlichen Technik sogar in den eigenen Geldbeutel. Heute (10. September) wird es eine zweite Veranstaltung geben.

Was sie dann zu sagen hatte, war weit entfernt von politischen Frontkämpfen, wie sie in Chemnitz ausgetragen werden.
Sie sei weder links noch rechts und lasse sich auch von niemandem vereinnahmen, betonte sie gleich eingangs der Veranstaltung: “Ich komme aus der Mitte der Gesellschaft und habe ein Friseurgeschäft in Marienberg. Durch die täglichen Dialoge, die mein Berufsstand mit sich bringt, kenne ich die Diskussionen, die derzeit die Gemüter erhitzen.”
So sei es doch nicht hinnehmbar, dass sie sich mit ihrer Tochter nicht mehr nach Chemnitz getrauen könne. Dabei betrachte sie die Flüchtlingskrise und ihre Folgen nicht als das einzige Problem. Viel zu lange hätten die Menschen einfach nur zugeschaut. Das eigentliche Problem sei nach ihrer Ansicht die soziale Ungerechtigkeit.

Sie kritisiert,

das marode anmutende Bildungssystem, Lehrer- und Erziehermangel, unzureichende Arbeitsmittel, den Verlust der Attraktivität der Lehrer- und Erzieherberufe.

dass es zu wenige Leute in Pflegeberufen gibt, die die viele alten Menschen betreuen, die doch unseren ganzen Respekt verdienen.

das instabile Rentensystem, dass die Menschen verunsichert und nicht gewährleistet, dass man nach jahrelanger harter Arbeit von der Rente leben kann.

die immer wieder zugesicherten Entlastungen für Familien und Alleinerziehende, die nicht kommen. Stattdessen gäbe es immer höhere Belastungen, unzureichende Betreuungsmaßnahmen für Kinder nach Wiederaufnahme der Arbeit.

das Lohndumping ausländischer Firmen, das heimischen Betrieben und Manufakturen ruiniert.

die großen bürokratischen Hürden für Arbeitgeber, die die Einstellung Langzeitarbeitsloser oder arbeitswilliger Migranten erschweren oder ganz unmöglich machen.

die langwierigen Asylverfahren und fehlende Konzepte für die Integration von Ausländern, die unserer Gesellschaft offen gegenüberstehen.

Aus ihrer Sicht dient die Debatte um die Asylfrage nur dazu, die eigentlichen Herausforderungen des Staates zu verdecken.

“Wir müssen wieder auf die Straße gehen. So wie ich es 1989 als Kind auf diesem Marktplatz erlebt habe. Wir müssen den Politikern zeigen, dass wir die Kernprobleme erkennen. Es ist unsere Pflicht, die Stimmen zu erheben und als Bürger der Mitte die Zukunft von Deutschland uns Sachsen friedlich mitzugestalten.”

Leise Worte einer einfachen Friseurmeisterin, denen Politiker mehr Bedeutung bemessen sollten, als den lauthals gebrüllten Parolen rechtslinker Demo-Krawall-Touristen.