Start Erzgebirge Wir wollten keine Selbstdarsteller
Artikel von: Redaktion
16.04.2016

Wir wollten keine Selbstdarsteller

Helge Leonhardt
Helge Leonhardt, Präsident des FC Erzgebirge Aue. Foto: FCE

Von Sven Günther
Aue. Er ist der Macher. Der Entscheider. Der Richtungsgeber. Helge Leonhardt, der Präsident des FC Erzgebirge Aue, residiert in seinem Büro im Audi-Zentrum Chemnitz, das I-Phon am Ohr. Leonhardt hat das dunkelblaue Nadelstreifen-Jackett abgelegt. Der geistige Spagat zwischen Unternehmensführung und Vereinsentwicklung ist schwer, ist freizeitrauben, ist anstrengend. Aber dem Unternehmer sieht man an, das es Leidenschaft ist, wenn er über den FC Erzgebirge Aue spricht. Dem WochenSpiegel Erzgebirge und dem WochenENDspiegel gab er vor dem Derby gegen den CFC ein Interview.

WochenSpiegel: Vor dem ersten Spiel im Herbst schätzte Trainerlegende Gerd Schädlich ein: „Es wird ein spannendes Derby. Beide Mannschaften begegnen sich auf Augenhöhe. Für mich gibt es keinen Favoriten.“ Die Lage hat sich geändert. Der FCE ist jetzt Favorit, spielt oben mit. Der CFC kämpft gegen den Abstieg.
Helge Leonhardt: Die Saison ist für beide Mannschaften nicht so gelaufen, wie Experten es vermutet hatten. Die Chemnitzer wurden weiter oben erwartet, wir weiter unten. Ich denke aber, dass Chemnitz die Klasse hält.

Und die Veilchen aufsteigen?
Wir sind in einer Situation, in der wir es schaffen können.

Oder schaffen müssen?
Mittelfristig ist die Existenz des FC Erzgebirge Aue nur in der 2. Liga gesichert. Der Abstieg war ein wirtschaftlicher Tsunami. Schon wegen der fehlenden Fernsehgelder, statt 6 Millionen Euro gibt es in der 3. Liga nur 600.000 Euro, musste der Etat von zwölf auf sechs Millionen Euro reduziert werden. Deshalb musste die volle Konzentration auf der Profimannschaft liegen.

Das ist gelungen…
Aber es war auch ein Risiko. Mit Trainer Pavel Dotschev und Sportdirektor Steffen Ziffert habe ich eine komplett neue Mannschaft aufbauen müssen.

Aus der eine eingeschworene Truppe geworden ist…
Ja. Herr Dotschev hat uns von Anfang an überzeugt. Wir haben gemeinsam extrem auf den Charakter geachtet, wollten keine Selbstdarsteller mit gegelten Haaren. Wir wollten charakterfeste willensstarke Typen die was erreichen wollen und Teamplayer sind .Dazu haben wir darauf gesehen, dass die Spieler Deutsch sprechen, sich so schnell integrieren lassen. Wir sind quasi ohne Karte auf einen Gletscher gestiegen, wussten nicht, wo es hingeht. Aber wir sind oben angekommen. Dazu kamen mit Köpke und Soukou zweit Volltreffer in der Winterpause.

Die auch in Liga 2 helfen könnten…
Falls wir den Aufstieg schaffen würden. Aber richtig: Die Mannschaft wird auch im Aufstiegsfall zusammenbleiben und sich positiv entwickeln. Daran arbeiten wir, wollen Spieler wie Pascal Köpke an uns binden. Er fühlt sich bei uns wohl, spielt und kann so besser werden. Das sind wichtige Argumente
Wir werden unseren Weg nicht verlassen, keine überteuerten Transfers tätigen. Ich werde in diese Richtung vorangehen. Der FCE ist ein Verein, der von oben bis in alle Ebenen durch Autoritäten geführt werden muss. Die Philosophie der Gemeinschaft muss sich von dort aus bis in die Jugendmannschaften durchsetzen.

Das neue Nachwuchsleistungszentrum ist ein Schritt in die richtige Richtung?
In jedem Fall. Hier können Dotchev und Ziffert schon früh auf die jungen Spieler einwirken. Da leisten alle Beteiligten gute Arbeit. Trotzdem ist noch viel zu tun . Wir sind gerade von der DQS zertifiziert worden. Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern, Betreuungskonzepte, Prozesse und Abläufe wurden geprüft. Im Ergebnis bestätigte uns die DQS, dass alle vom DFB und von der DFL vorgegebenen Kriterien erfolgreich erfüllt und nachgewiesen werden konnten.

Auch das neue Stadion wird keinen Anlass zur Kritik geben…
Nein. Alle sind Gewinner. Es wird für alle Anhänger des Vereins – vom Sponsor über die Spieler bis zum Fan – beste Bedingungen bieten. Das neue Stadion bietet uns die Rahmenbedingungen für Profisport und sichert somit auch den Breitensport und letztlich die Erhaltung unseres Fussbalclubs.
Der FCE ist Betreiber, Mieter und Mitinvestor des neuen Sparkassenerzgebirgsstadion und wird somit im grossen Maße seiner sozialen und politischen Verantwortung als Leuchtturm in der Region und darüber hinaus gerecht. Dieses im engen Bündnis insbesondere mit dem Landkreis und dessen Sparkasse sowie der Stadt Aue als Garant für eine stabile Entwicklung durch die Übernahme gemeinsamer Verantwortung in diesem Bündnis.

Zum Profifußball gehört ein potenter Hauptsponsor…
Wir standen mit einer großen Immobilienfirma in engen Verhandlungen, konnten aber kein Ergebnis erzielen. Es laufen aber immer auch weitere Gespräche mit anderen Unternehmen, weil wir als Verein attraktiv sind. Die Aktion, die Fans für diese Saison auf die Brust zu nehmen, war ein voller Erfolg. Der FCE ist zu einer positiven Marke geworden. Ein Verein zum Anfassen, ein Verein für die ganze Familie, bei dem rund 75 Menschen arbeiten, viele Kinder und Jugendliche sowie Erwachsene Menschen aktiv und organisiert Sport treiben und mit über 6.000 Mitgliedern.
In den Werkhallen, Supermärkten und Büros wird über den FCE gesprochen – meistens positiv. Die Fanartikel sind beliebt, werden gut verkauft. Wir werden auch in Sachen Merchandising/Marketing immer besser, immer professioneller.Übrigens: Der beste Sponsor war zuletzt die Mannschaft selbst, der es gelang erstmalig seit bestehen des FCE in das Achtelfinale des DFB Pokals einzuziehen und somit ca. 700.000 Euro eingespielte und damit dafür sorgte, dass wir einen ausgeglichenen Haushalt für dieses Geschäfts bzw. Spieljahr haben.“

Geld regiert auch den Fußball?
Mehr Qualität kostet mehr Geld. Das ist klar. Deshalb braucht man sich auch nicht aufregen über RB Leipzig, Bayer Leverkusen oder den VfL Wolfsburg . Sie sind systemische Produkte des Marktes der den Profifussball regiert und nicht unmgekehrt. Über bezahlten Fussball in England oder Spanien brauchen wir gar nicht zu reden…

Wie sehr ärgern sie solche Aktionen wie die Rauch-Attacke in Magdeburg?
Sehr. Es gibt Regeln, die einzuhalten sind. Wer dem Verein ökonomischen Schaden zufügt, muss bestraft werden. Ich hoffe, wir finden die Verantwortlichen. Und ich hoffe, dass es beim Derby gegen den CFC ruhig bleibt und die Rivalität nur auf dem Platz ausgetragen wird.