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Artikel von: Redaktion
28.01.2016

Wirtschaftsfaktor Karneval

Ohne Moos nix los- Karneval ist in vielerlei Hinsicht ein Wirtschaftsfaktor. Der Grünaer Faschingsverein weiß, wieviel so ein Saalfasching kostet, dennoch kommt der Spaß nicht zu kurz. Foto: ihst
Ohne Moos nix los- Karneval ist in vielerlei Hinsicht ein Wirtschaftsfaktor. Der Grünaer Faschingsverein weiß, wieviel so ein Saalfasching kostet, dennoch kommt der Spaß nicht zu kurz. Foto: ihst

Chemnitz. Eine Zeitreise ins Mittelalter oder in die vergangenen 30 Jahre, ein Abstecher ins Dschungelcamp oder auf den Bauernhof und ein Besuch im Hotel – die Chemnitzer Faschingsvereine laden ab kommenden Wochenende wieder zur ihrem traditionellem Saalfasching ein. Abwechslungsreiche Mottos, bunte Kostüme, geschmückte Veranstaltungsräume und Süßes – Fasching ist für die meisten die Zeit des Jahres, in der das närrische Treiben regiert.

Doch für die Chemnitzer Faschingsvereine steckt hinter dem bunten Feiern nicht nur eine Menge Arbeit, sondern auch eine finanzielle Herausforderung. Durch Werbung, GEMA, Versicherung, Saalmiete und nicht zuletzt die Kosten für Kostüme, Kulissen und Co. kommt für die Vereine jährlich ein beachtliches Sümmchen zusammen.

Geld, welches sie zum Großteil durch die Einnahmen der Veranstaltungen, die jedes Jahr während der sogenannten fünften Jahreszeit stattfinden, selbstfinanzieren.

Der Verband Sächsischer Carneval e.V. schätzt, dass in jeder Faschingssaison rund 500.000 Besucher die zahlreichen Veranstaltungen im Freistaat besuchen. „Wenn jeder Gast nur ca. 50 Euro Umsatz in die Kassen der Gastwirte, Caterer, Fleischer, Bäcker oder Eigenversorger bringt ergibt das schon eine beachtliche Summe von 2,5 Millionen Euro. Sie dürften die größten Gewinner an unserem Brauchtum sein,“ so Jörg Weiser, Sprecher des Verband Sächsischer Carneval e.V.

Doch die Vereine müssen deutlich mehr berappen. Für Werbung, Versicherung, Saalmiete, GEMA, Wurfmaterial, Dekoration und Ausgestaltung geht der Verband von 1000 bis 8000 Euro pro Spielzeit aus. Hinzukommen die aufwendigen Kostüme. Rund 10000 Euro für die Ausstattung der gesamten Garde sowie 700 bis 800 Euro pro Elferratsmitglied.

Ausgaben von denen beispielsweise Schneidereien profitieren, denn die Vereinskleidung ist maßgefertigt. Auch andere Branchen profitieren vom Wirtschaftsfaktor Fasching. Taxiunternehmen, Firseure, Werbeagenturen, Sicherheitsdienste, Caterer und Kostümverleihe. Der Verband Sächsischer Carneval schätzt pro Saison von einer Wirtschaftssumme von 20 Millionen Euro pro Jahr.

m Gegensatz zum kommerziell bestimmten Straßenfasching in den rheinischen Karnevalshochburgen regieren die Narren in Chemnitzer beim Saalfasching. Der WCC feiert in diesem Jahr beispielsweise sein 30-jähriges Jubiläum. Foto: WCC
Im Gegensatz zum kommerziell bestimmten Straßenfasching in den rheinischen Karnevalshochburgen regieren die Narren in Chemnitzer beim Saalfasching. Der WCC feiert in diesem Jahr beispielsweise sein 30-jähriges Jubiläum. Foto: WCC

Fehlende  Sponsoren
Fasching ist Kulturgut und wird von den Vereinen liebevoll im Ehrenamt gepflegt. „Die generelle Lage war sicherlich schon einmal deutlich besser, will heißen man musste früher nicht so um jeden Gast kämpfen, aber dennoch ist der Fasching in Chemnitz angesagt. Nicht umsonst sind ein Bürgermeister und zwei Ortsvorsteher auch gleichzeitig die Präsidenten von drei der fünf Chemnitzer Vereine. Man darf allerdings nicht den Vergleich zu Köln suchen. Hier bei uns ist alles handgemacht und unkommerziell. Hoch lebe das Ehrenamt,“ erklärt Michael Stoppke, Vizepräsident des Würschnitzthaler Carnevalclub e.V. (WCC)

Und doch fehlt es ihnen häufig am ausreichenden Sponsoring. „Angesichts klammer kommunaler Kassen fehlen in Sachsen generell Zuschüsse. Dies wird in anderen Bundesländern anders geregelt. Da gibt es Finanzverträge mit den Lottogesellschaften oder Sparkassenorganisationen oder Sponsorengelder von großen Firmen. Geht man z.B. in Sachsen auf Niederlassungen in der Getränkeindustrie zu, wird man an die Zentrale in den alten Bundesländern weitergeleitet und erfährt dort, dass man schon vor Ort spendet. Das nützt unseren Vereinen leider nichts,“ so Jörg Weiser. Häufig werden Vereine von kleinen lokalen Unternehmen unterstützt.

Doch gerade bei zentrale Veranstaltungen wünscht man sich manchmal mehr Rückenhalt. „In den jeweiligen Stadtteilen ist es leichter mal an Sponsoren zu kommen, doch gerade bei dem traditionellen Festakt auf dem Markt am 11.11. fehlt uns schlichtweg die Unterstützung aus der Innenstadt. Die ansässigen Unternehmen, wie Galeria Kaufhof beispielsweise verdienen mit Karneval auch Geld, aber Unterstützung gerade an solchen Tagen, wie der Schlüsselübergabe gibt es für die Vereine keinerlei Rückenhalt. Hier würden wir uns noch mehr wünschen,“ so Lutz Neubert, Präsident vom Grünaer Faschingsclub.

Nachwuchssorgen
Ein richtiges Nachwuchsproblem haben die Chemnitzer Faschingsclubs keines. Sie betreiben viel Lobbyarbeit. „Wir haben keine richtige Nachwuchssorgen. Jedes Jahr haben wir drei neue Mitglieder in unseren drei Garden. Es ist aber dennoch wichtig, als Verein sich frühzeitig um Nachwuchs zu kümmern,“ so Lutz Neubert.

Auch sein Amtskollege aus dem Faschingsverein an der Chemnitz, Peter Neubert sieht es ähnlich: „Nachwuchs im tänzerischen oder im technischen Bereich ist kein Problem, es gibt eher Schwierigkeiten, Nachwuchs im künstlerischen, kreativen Bereich, insbesondere für die Programmgestaltung/Ideenfindung, zu aktivieren. Da wünschten wir uns mehr.“ Doch genau dann wenn Vereine sich nicht aktiv um neue Mitglieder kümmern, kann es schnell das Aus bedeuten, somit meist ein hausgemachtes Problem.

„Es gibt Vereine, die haben eine schlechte Nachwuchsarbeit und dies führt soweit, dass sich diese Vereine schon „verabschieden“ mussten. Auch in Chemnitz hat es vor einigen Jahren zwei Vereine getroffen. So haben der Karnevalsclub „Rosarium“ und der 1. Akademische Faschingsclub Chemnitz ihre Arbeit eingestellt,“ so Jörg Weiser.

Vor dem Aus stehen Vereine häufig aber bereits beim Fehlen der passenden Spielstätten. Sorgen die aber nicht alle Chemnitzer Vereine haben.

Von Stephanie Ihle