Start Vogtland Wismut Aue: So kämpferisch war das erste Mal
Artikel von: Sven Günther
19.06.2020

Wismut Aue: So kämpferisch war das erste Mal

Vor 65 Jahre holten die Auer Fußballer ihren ersten Titel gegen einen Verein aus dem Nachbarort, der 400 Kilometer entfernt angesiedelt wurde. Foto: FCE

Erster Pokalsieg für Wismut vor 65 Jahren

Aue. Am 19. Juni 1955 wurde im Leipziger Bruno-Plache-Stadion das 5. FDGB-Pokalfinale ausgetragen. Für den SC Wismut war es eine ganz besondere Begegnung, denn der Gegner hieß SC Empor Rostock.

Wenige Monate zuvor spielte diese Mannschaft noch im erzgebirgischen Lauter, einem Nachbarort von Aue. Als Oberligaspitzenreiter wurde die Elf im November 1954 an die Ostsee delegiert und belegte am Ende der Saison 1954/55 nur noch Rang neun.

Der SC Wismut bekam aufgrund der Sportclub-Bildung Verstärkung aus Gera. Manfred Kaiser, Bringfried Müller und Horst Freitag entwickelten sich zu Leistungsträgern, sodass die Auer zum zweiten Mal nach 1953 Vizemeister werden konnten. Nur einen Punkt besser war Titelverteidiger SC Turbine Erfurt. So gesehen fuhren die Auer als Favorit nach Leipzig.
Doch weit gefehlt, denn sie mussten auf ihre drei besten Stürmer verzichten. Willy Tröger (Gehirnerschütterung) und Heinz Satrapa (Wadenbeinbruch) wurden eine Woche zuvor im Halbfinale gegen den SC Aktivist Brieske-Senftenberg schwer verletzt. Horst Freitag erlitt im Training einen Schienbeinbruch. Sie drückten im Auer Krankenhaus am Radioapparat die Daumen für ihr Team. Kurt Viertel, Karl-Heinz Mohr sowie Konrad Wagner sollten sie ersetzen.

Der 19. Juni 1955 war ein heißer Sonntag in der sächsischen Messestadt. Vor dem Anpfiff wurden 38 Grad Celsius im Schatten gemessen. Die Zuschauer schützten sich mit Papiertüten oder Taschen­tüchern auf dem Kopf und erlebten ein spannendes Pokalfinale, das erst in der Verlängerung durch ein Kopfballtor von Armin Günther entschieden wurde.

Abgekämpft, aber überglücklich nahm anschließend Kapitän Erhard Bauer den fast 40 Kilogramm schweren Pokal in Empfang. Der SC Wismut feierte den ersten Titel seiner Vereinsgeschichte. Diese Trophäe stand für ein Jahr im Auer Sportlerheim und ist jetzt im Leipziger Sportmuseum zu besichtigen.

Armin Günther erzielt trotz Augenbrauenverletzung
per Kopf den Siegtreffer für Wismut; links Kurt
Viertel.

Der Weg ins FDGB-Pokalfinale 1955:

1. Hauptrunde Chemie Karl-Marx-Stadt – Wismut Aue 0:3 2. Hauptrunde Wismut Aue – Chemie Wolfen 0:1 Dieses Spiel wurde vor 10.000 Zuschauern in Karl-Marx-Stadt ausgetragen und Wismut war eigentlich aus dem Pokalwettbewerb ausgeschieden. Wolfen hatte aber einen nicht spielberechtigten Akteur aufgeboten, sodass Aue trotzdem eine Runde weiterkam.
3. Hauptrunde SC Wismut – Lok Haldensleben 5:0 4. Hauptrunde SC Dynamo Berlin – SC Wismut 3:5 n. V.
Zwischenrunde Freilos
Halbfinale SC Wismut – SC Aktivist Brieske-Senftenberg 4:2 Finale SC Wismut – SC Empor Rostock 3:2 n. V.

Die Statistik vom Endspiel am 19. Juni 1955:
Wismut: Kurt Steinbach – Heinz Glaser, Bringfried Müller, Erhard Bauer – Karl Wolf, Siegfried Wolf – Konrad Wagner (91. Hans Meyer), Manfred Kaiser, Kurt Viertel, Armin Günther, Karl-Heinz Mohr; Trainer: Karl Dittes.
Empor: Rudi Leber – Gerhard Schaller, Kurt Zapf, Karl-Heinz Singer – Rudi Schneider, Heinz Minuth – Franz Bialas (46. Herbert Zwahr), Arthur Bialas, Herbert Holtfreter, Horst Zedel, Karl Pöschel; Trainer: Oswald Pfau.
Schiedsrichter: Gerhard Schulz aus Berlin.
Zuschauer: 18.000 im Leipziger Bruno-Plache-Stadion.
Tore: 1:0 Manfred Kaiser (2.), 1:1 Herbert Zwahr (46.), 2:1 Kurt Viertel (58.), 2:2 Karl Pöschel (71.),
3:2 Armin Günther (111.).

Text: Bernd Friedrich/VeilchenEcho

Rostocks Mittelstürmer Herbert Holtfreter steigt mit
gestrecktem Bein gegen die Auer Bringfried „Binges”
Müller und Torwart Kurt Steinbach ein. Die Trikot-farben
wurden auf dem kolorierten Bild verändert,
denn tatsächlich liefen Wismut in weinrot-weißer
und Empor in gelb-blauer Spielkleidung auf.